nd-aktuell.de / 18.08.2013 / Politik / Seite 1

DGB warnt vor »Mainz-Falle« auch in andern Branchen

Zugausfälle der Bahn wegen Personalmangel nur Spitze des Eisbergs / Sogar minderjährige Azubis müssen wegen fehlender Stellen Überstunden machen

Berlin (Agenturen/nd). Nach wochenlangen Ausfällen sind am Mainzer Hauptbahnhof die Züge am Wochenende vorübergehend wieder normal gefahren. Es gelte der sonst übliche Fahrplan, teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn mit. Auch an den anderen August-Wochenenden sollen in Mainz keine Züge mehr ausfallen. Unter der Woche gilt allerdings noch bis Ende des Monats ein eingeschränkter Fahrplan.

Seit zwei Wochen fallen am Mainzer Hauptbahnhof Züge aus oder müssen umgeleitet werden. Grund ist ein Personalmangel im Stellwerk. Dies hatte zu einer bundesweiten Debatte über Engpässe bei der Deutschen Bahn geführt.

Derweil hat der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Jan Mücke, die Vermutung geäußert, die Zugausfälle in Mainz könnten von der Bahngewerkschaft EVG gezielt als Druckmittel eingesetzt worden sein, um gegenüber dem Bundesunternehmen eine Personalaufstockung durchzusetzen. »Der Verdacht ist nicht von der Hand zu weisen«, sagte der FDP-Politiker Mücke dem Focus. »Die Koinzidenz von Verhandlungen und Ausfällen in Mainz ist schon auffällig.«

Vertreter der Bahngewerkschaft EVG wiesen laut dem Magazin allerdings jede Einflussnahme zurück. In der vergangenen Woche konnte die EVG der Bahn die Zusage abhandeln, die Personalpläne zu überprüfen, und weitere Mitarbeiter einzustellen.

Unterdessen warnte der gewerkschaftliche Dachverband DGB vor der »Mainz-Falle« auch in anderen Branchen. Die Zugausfälle dort seien ein Symptom für Arbeitsplatzabbau und Überstundenberge. »Das ist nur die Spitze des Eisbergs«, sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord der Nachrichtenagentur dpa. Auch in anderen Branchen gebe es einen - teils verdeckten - Personalmangel, etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Einzelhandel sowie in der Gesundheitsbranche.

»Der Kostendruck ist in vielen Firmen hoch, die Gewinnerwartung auch. Infolgedessen wird Personal reduziert, die Arbeitszeiten für die übrigbleibenden Beschäftigten sind randvoll ausgefüllt, mehr stressbedingte Krankheitsfälle eine weitere Folge«, sagte Polkaehn. Er verwies unter anderem darauf, dass teilweise sogar minderjährigen Azubis Mehrarbeit leisten würden, was sie gemäß Jugendarbeitsschutzgesetz gar nicht dürften. »Das ist kriminell«, so Polkaehn.

»Irgendwann holt die verfehlte Unternehmenspolitik - Sparen, Sparen, Sparen - das Image des Unternehmens wieder ein - siehe Bahn, Karstadt oder Praktiker«, so Polkaehn. Die Antwort der Industrie und der Dienstleister müsse lauten: »Besser statt billiger«.