Wer arbeitslos wird und dann Hartz IV beantragt, kann sich nie sicher sein, ob das Amt Miete und Heizkosten in voller Höhe übernimmt. »Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind«, heißt es dazu im Sozialgesetzbuch II. Was »angemessen« ist, entscheiden die Kommunen, denn sie müssen einen Großteil der Summe aufbringen. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Unterkunft und Heizung derzeit mit etwa 36 Prozent. Die Höchstgrenze, bis zu der die jeweilige Kommune die Kosten übernimmt, fällt von Region zu Region unterschiedlich aus. Zudem orientiert sich die Obergrenze auch an der Haushaltsgröße.
Nach Angaben der Hamburger Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration übernimmt die Stadt für rund 220 000 Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger sowie für 3000 Asylbewerber die Kosten für Miete und Heizung. Das entspricht in der Hansestadt rund 134 000 Haushalten. Die Übernahme der Kosten für die heruntergekommen Wohnungen in der Ernst-August-Deich-Straße widerspricht eigentlich den selbst gesteckten Zielen der Behörde. So heißt es in einer entsprechenden Fachanweisung, man wolle »Wohngebiete möglichst sozialverträglich (...) mischen«. Davon kann in Wilhelmsburg keine Rede sein. Das Problemviertel hat rund 50 000 Einwohner, davon über die Hälfte mit Migrationshintergrund. Jeder Vierte hier ist auf Hartz IV angewiesen. Für sie gelten die von der Stadt im April 2012 neu festgelegten Obergrenzen bei der »angemessenen Nettokaltmiete«. Eine vierköpfige Familie darf bis zu 659,60 pro Monat für die Miete ausgeben. Bei einem alleinstehendem Hartz-IV-Bezieher liegt die Grenze bei 327 Euro. Offiziell reagierte Hamburg damit auf die Entwicklungen am Mietmarkt. Sprich: Die Mieten stiegen und somit auch die Obergrenzen.
Doch teilweise waren Werte früher höher. So betonte Siegmund Chychla vom Hamburger Mieterverein gegenüber dem Magazin »Hinz und Kunzt«, dass die Grenze bei Altbauten vor der Neuregelung bei 358 Euro für eine Person gelegen habe. Für Neubauten galt ein Höchstwert von 382,50 Euro. Somit liegt man nun deutlich unter den alten Werten. »Hilfeempfänger werden jetzt aus Stadtteilen ferngehalten, in denen es überwiegend Alt- und Neubauten gibt, aber kaum Wohnungen der günstigen Baualtersklassen 1948 bis 1961«. Das heißt: Arbeitslose und Geringverdiener werden in den Vierteln mit einem hohen Bestand an günstigen Sozialbauten konzentriert, wie etwa Wilhelmsburg. Somit sorgt die Stadt per Verordnung dafür, dass sich die räumliche Trennung von Arm und Reich weiter verschärft.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/835255.wohnen-im-grenzbereich.html