nd-aktuell.de / 09.11.2000 / Politik / Seite 16

Edda Seifert

Mitglied des Bundesvorstandes der PDS

Foto: Burkhard Lange

kennzeichnet durch Bismarck und die Kaiserproklamation in Ver sailles, taten das Ihre. Der Nationalsozialismus existiert noch nach mehr als 50 Jahren als Trauma. Der Kalte Krieg leistete den Rest.

Mit dem Ergebnis, dass der schreckliche Mythos vom rassisch (genetisch!) überlegenen Deutschen in dem Anti-Mythos Erwiderung fand, es sei grundsätzlich schrecklich, was sich bewusst »deutsch« identifiziert. Dieser Anti-Mythos ist selbst ein Mythos. In Reaktion auf den Verdacht eines geheimen Hangs zum völkischen Antikapitalismus stand der PDS- Parteitag unter der Brechtzeile: »...dass ein gutes deutschland blühe...«. Das war ein spontaner symbolischer Schritt, den Mythos vom grundsätzlich Schrecklichen der Selbstidentifikation als »deutsch« in kritischer Reflexion hinter sich zu lassen. Dieser Mythos entstand nicht als unmittelbare Antwort auf die Verbrechen des Nationalsozialismus. Er ist - in Ost- und Westdeutschland auf unterschiedliche Weise - vor allem Ergebnis des Kalten Krieges.

Wie er in Westdeutschland aufkam, lässt sich aus Gaus Analyse der Welt der Westdeutschen ableiten. Nach der Katastrophe von Drittem Reich und Zweitem Weltkrieg wollten die Gründer der BRD - wie die Westalliierten - einerseits ausschließen, dass sich verhängnisvolle Entwicklungen wieder holen können. Gleichzeitig war aber die Gesellschaft von totalitärem Antikommunismus besessen. Und: Die BRD war als »Brückenkopf« von geostrategischem Interesse für die Supermachtambitionen der USA. Der Feind (Sowjet-