Die Familie des Dichters Boris Pasternak wurde von den Wirren der Zeit auseinandergerissen. Nur Boris und sein Bruder Alexander, von Beruf Architekt, blieben bis an ihr Lebensende in Moskau. Die Eltern, der Maler Leonid und die Pianistin und Musikpädagogin Rosalija Pasternak, verließen Russland im September 1921 und lebten längere Zeit in Berlin und München. 1938 sahen sie sich gezwungen, Deutschland den Rücken zu kehren. Sie gingen nach England, wo die Mutter 1939 und der Vater 1945 starb. Auch die Schwestern Josephina und Lidija, die eine Philosophin, die andere Biochemikerin, emigrierten. Boris traf die Familie noch einmal während des Berlin- Aufenthalts, der ihm und seiner ersten Frau Jewgenija im Winter 1922/23 gewährt wurde. Josephina sah er 1935 in Berlin, als er zum Kongress antifaschistischer Schriftsteller für die Verteidigung der Kultur nach Paris reiste. Doch dann brachen die direkten Kontakte endgültig ab, und alle Hoffnungen der heimwehkranken Eltern auf eine Rückkehr nach Russland zerschlugen sich. Boris erkannte schon sehr früh, dass die tieferen Ursachen dafür im Gegensatzpaar der Systeme Stalins und Hitlers lagen. Am 5 März 1933 schrieb er in einem Brief an die Eltern, in dem er auch das Verbot seiner Gesammelten Werke und der zweiten Auflage des autobiografischen »Schutzbriefs« erwähnt: »... es ist ein und dasselbe, was mich sowohl bei uns als auch in eurem
System bedrückt. Dass es keine christliche Bewegung ist, sondern eine nationalistische; das heißt, sie läuft wie bei uns Gefahr, in die Bestialität des Faktischen abzugleiten, zeigt denselben Bruch mit der uralten und gnädigen Tradition, die von Metamorphosen und von Vorwegnahmen lebte, und nicht von bloßen Konstatierungen eines blinden Affekts. Diese Bewegungen sind paarig, auf demselben Niveau, die eine ist von der anderen erzeugt, und um so trauriger ist all das. Sie sind der rechte und der linke Flügel einer einzigen materialistischen Nacht.«
Die ausgewählten Texte kreisen um drei Grundthemen: Familie, Wohnung und Sprache. Sprache heißt Schreiben. Schreiben aber - davon überzeugt uns dieser epistolarische Nachlass - bedeutet Leben. Briefschreiber sind neben Boris Pasternak die Eltern und die Schwestern. Doch keiner von ihnen konnte so lange innige und selbstquälerische Briefe schreiben wie der in Moskau lebende Dichter, dem Anfang der 30er Jahre von offiziellen Stellen nahegelegt wurde, den durch Majakowskis Selbstmord frei gewordenen Platz des poeta laureatus einzunehmen. Der Sowjetische Schriftstellerkongress 1934 hinterließ in ihm »den bittersten Nachgeschmack entsetzlicher Aufgeblasenheit und ... einer goldenen Unfreiheit«. Der Gedanke, dass er dem Staat ver pflichtet sei, flößte ihm Furcht ein. Längere Zeit litt er unter Schlaflosigkeit und Depressionen. Es gelang ihm nicht, die Prosa, die er mit »Lüwers Kindheit« begonnen hatte, weiter und zu Ende zu schreiben. Vor allem störte ihn die Notwendigkeit, »unsere Wirklichkeit unter einem festen und für jedermann verbindlichen Blickwinkel zu sehen«. 1945 glaubte er, er könnte nun »in einer viel einfacheren und aufrichtigeren Prosa, als ich das bisher getan habe, von den wichtigsten Ereignissen bei uns erzählen«. Um diese Zeit begann die Arbeit am Roman »Doktor Shiwago«. Am 14. August 1956 schrieb Pasternak an die Schwestern, sein Roman sei ein Werk von »Jahrhundertbedeutung«, dessen Eintritt in die Welt wichtiger sei als seine eigene Existenz. Auch wenn das Er scheinen eines Werkes vor der sowjetischen Ausgabe nach hiesigen Maßstäben ein Gesetzesverstoß sei - er habe den Roman »nicht geschrieben, um ihn zu ver stecken«.
Die russische Originalausgabe der Briefe, herausgegeben und kommentiert von Jewgeni Pasternak, dem Sohn des Dichters, und dessen Frau Jelena, er schien 1998 als Publikation der Stanford University in Kalifornien. Die Münchener Slawistin Johanna Renate Döring-Smir nov hat die zweibändige russische Fassung behutsam gekürzt und die deutsche Edition durch Sacherläuterungen bereichert. Das ausführliche Personenregister wurde weitgehend von Jewgeni und Jelena Pasternak erarbeitet. Der sorgfältig gestaltete opulente Band stellt eine wertvolle Ergänzung zu den schon vor einigen Jahren in Deutschland erschienenen Briefen Boris Pasternaks an seine georgischen Dichterfreunde sowie zu dem Briefwechsel zwischen Pasternak und Rainer Maria Rilke, Marina Zwetajewa, Renate Schweitzer, Ariadna Efron und Olga Freudenberg dar.
Frontal final. Höhepunkte aus fast acht Jahren Polit-Talk mit Schalk und spitzer Zunge. Klingt wie Abschied? Ist auch einer. Kienzle und Hauser sagen nach fast 300 Sendungen Servus. Ihr vielfach ausgezeichnetes Polit-Magazin wird eingestellt. Doch wer die scharfzüngige Kabbelei der beiden Kontrahenten nicht missen möchte, darf hoffen: im März nächsten Jahres kriegen die beiden eine neue Sendung. Sie soll noch persönlicher werden - und noch frecher. (Bis 21.45 Uhr)
3Sat, 20.15 Uhr. Drama
Bronsteins Kinder. Hans Bronstein, Kind jüdischer Eltern, macht eine verwirrende und verstörende Entdeckung: Sein Vater hält einen Mann im Gartenhaus gefangen. Und der Gefangene entpuppt sich als ehemaliger KZ-Aufseher... Den Bronstein spielt Armin Mueller Stahl, der demnächst 70 wird. (Bis 21.50 Uhr)
Deutschlandfunk, 20.10 Uhr, Hörspiel
Die Verweigerung. »Das Buch vom Freunde und vom Geliebten«, eine der wichtigsten mystischen Schriften des Mittelalters, ist nicht nur leidenschaftliche Gottsuche, man kann es auch als hochpoetische Apotheose der Liebe lesen. Dieser Aspekt ist es, der in der dramatischen Begegnung zwischen einem Professor und einem Studenten die entscheidende Rolle spielt. Ein geistiger und emotionaler Ringkampf beginnt ... (Bis 21 Uhr)
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/891899.schreiben-bedeutet-leben.html