nd-aktuell.de / 20.02.2015 / Kultur / Seite 14

Mantra mit Fahrradkette

Andreas Gläser

Mit fünf Mark sind Sie dabei, hieß es früher. Doch wie weit komme ich heute mit fünf Euro? Bei meinem favorisierten Wettanbieter im Netz beträgt der Mindesteinzahlungsbetrag 10 Euro und der Mindesteinsatz 50 Cent, womit ich immerhin 20 Versuche habe, meine Finanzen zu revolutionieren. Es könnte so einfach sein, frei nach dem persischen Märchen, wonach ein Höfling dem König ein Schachspiel zur Vertreibung der Langeweile anträgt, worauf jener ihm den Wunsch erfüllen möchte, dass man auf das erste Feld des Brettes ein Reiskorn legt, auf das zweite Feld zwei, und so weiter; auf das 20. Feld 524288 Körner, und so fort; bis zum 64. Feld. Ja, das wäre was, wenn ich meinen Wettanbieter schröpfen könnte, indem ich aus 50 Cent eine halbe Million Euro mache, in Form von 20 banalen Vorhersagen, dass in drei bestimmten Fußballspielen noch jeweils mindestens ein Tor in der zweiten Spielhälfte fällt, egal für welche Truppe. Es müsste doch realistisch sein, dass es in zwei Dutzend europäischen Abendspielen jeweils drei ambitionierte und fähige Mannschaften gibt, die so was zustande bringen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Am letzten Mittwochabend standen einige Begegnungen in der Champions League an. Ich klinkte mich schon am Nachmittag mit fünf Euro für fünf Spiele der portugiesischen Segunda Liga ein, wo es nach 30 Spielminuten noch jeweils torlos geblieben war. UD Oliveirense gegen Freamunde und so. In der 40. Spielminute fiel das erste von fünf erhofften Toren, nämlich für die Heimtruppe in Covilha gegen Benficas B-Auswahl. Nur noch vier, bitte! In der Nachspielzeit der 1. Hälfte ging Portimonense in Feirense in Führung. Ging doch, also runter von meiner Liste, der Endstand war mir egal. Halbzeit, Coffeetime.

Nach einer Stunde klingelte es in Leixoes und Oliveirense. Im wunderschönen Braga sollte das glückliche Ende folgen, wo sich die B-Truppe gegen Farense engagiert zeigte; was ich stark vermutete, beim Stand von 3:1 nach Ecken und 2:3 nach gelben Karten. Nach 70 Minuten wurde ich ungeduldig, nach 80 suchte ich mir einen Minijob im Haushalt. 4:3 nach Ecken, na und? In den anderen Spielen waren inzwischen je drei Tore gefallen. Selbst die letzten Begegnungen zwischen Braga B und Farense gingen in der jüngeren Vergangenheit nie torlos aus. In der 88. Spielminute schwand der Glaube, in der 90. wurden drei Minuten Nachspielzeit angekündigt. Und …? Der Schiri pfiff pünktlich ab. Nullnummer, pfui!

Mantra mit Fahrradkette. Von meinen fünf Euro hätte ich mir vor der Kaufhalle nicht nur drei Biere einplempern können, es wäre mir sogar möglich gewesen, drei Dutzend Reisbeutel in meinen Taschen zu verstauen. Doch den verbliebenen Fünfer wollte ich nicht derart hergeben. In der Champions League traten Schalke gegen Real Madrid und Basel gegen Porto an, da musste was gehen.