De Maizière will IS-Geldspender jagen

Opposition kritisiert Bundesregierung für geplanten schleichenden Übergang zu einem Gesinnungsstrafrecht

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes zogen seit Beginn des syrischen Bürgerkrieges hunderte deutsche Islamisten in den Kieg. Die Bundesregierung will den Zufluss von Kämpfern und Geld stoppen.

Schon jetzt ist es möglich, terrorverdächtigen Personen den Reisepass zu entziehen, doch die Türkei, das wichtigste Transitland für den IS-Nachschub nach Syrien, erlaubt auch Einreisen aus Deutschland mit dem Personalausweis. Die Bund will deswegen das Passgesetz ändern, um Verdächtigen auch den Personalausweis zu entziehen. Mit Strafandrohung belegt werden soll nun auch die Absicht, in Länder mit »Terrorcamps« auszureisen. Darüber hinaus will der Bund die Eingriffsschwelle für den bereits geltenden Straftatbestand der Terrorfinanzierung auch auf Kleinbeträge ausdehnen. Dazu soll das erst vor sechs Jahren erlassene »Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG)« geändert werden.

Im vergangenen Jahr nahm der IS sechs Millionen Dollar pro Tag ein, vor allem durch illegale Ölverkäufe und Schmuggel von archäologischen Artefakten. Hinzu kommen Lösegelder, Einnahmen aus dem Sklaven- und möglicherweise auch dem Organhandel. In den von ihr besetzten Gebieten konnte die Terrororganisation nach Schätzung der UN zudem bis zu 1,5 Milliarden Dollar durch das Plündern von Banken erbeuten. Die UN hat nun in einer Resolution die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, strafrechtliche Maßnahmen gegen die Terrorfinanzierung zu ergreifen. Wegen ihrer Rolle beim Ölschmuggel stehen dabei die Türkei und Jordanien im Fokus.

Die Bundesregierung nimmt diese Resolution zum Anlass, um die schon bestehenden Strafverfolgungsmöglichkeiten zu erweitern. Während sie bei der Begründung der Änderung des Passgesetzes immerhin noch die Zahl von 450 Personen nennen kann, die seit 2011 zur Unterstützung des IS aus Deutschland nach Syrien gereist sein sollen, verzichtet sie beim GVVG gänzlich auf empirische Belege. Das ist erstaunlich, weil in der Zeit der Erarbeitung des Gesetzes ausführliche Berichte über die Beteiligung deutscher Auktionshäuser am schmutzigen Handel mit Raubgut aus Syrien und dem Irak erschienen sind. Dass derartige Geschäfte für den IS, die jetzt schon strafrechtlich verfolgt werden können, größeres Gewicht haben als Kleinspenden, ist eine der störenden Tatsachen, auf die bei der Begründung des Gesetzes geflissentlich verzichtet wurde. Und da auch die sonstige Hilfe für den IS jetzt schon als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sanktionierbar ist, drängt sich die Frage auf, was beide Gesetze überhaupt bewirken sollen. Für die Kritiker geht es vor allem um die Ausdehnung von Überwachungsmaßnahmen aufgrund vager Verdachtsmomente. Zudem richtet sich das Gesetz nicht ausschließlich gegen den IS, sondern ist durchaus geeignet, auch diejenigen ins Visier zu nehmen, die den IS bekämpfen, etwa die deutschen Unterstützer des kurdischen Widerstands in Syrien.

Für die Oppositionsfraktionen im Bundestag markieren die Gesetze einen Übergang vom Tatstrafrecht zum Gesinnungsstrafrecht. In der ersten Lesung warf Hans-Christian Ströbele (Grüne) Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vor, damit die »Vorverlagerung der Strafbarkeit« auf die Absicht, weg von der konkreten Tat, zu betreiben. »De Maizières Vorschläge schaden dem Rechtsstaat«, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Halina Wawzyniak. »Mit dem Strafrecht sollen Täter für eine konkrete Tat bestraft werden, nicht primär ihre Motivation«, so die Politikerin.

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