Wollen Vermieter die Miete erhöhen, schauen sie meist in den Mietspiegel. Er gibt Auskunft über die ortsübliche Miete, bis zu der sie ihre Forderungen stellen dürfen. Und die Mieter können mit einem Blick in das Zahlenwerk erkennen, ob dies gerechtfertigt ist. So einfach könnte es bald nicht mehr funktionieren, wenn die Auffassung des Amtsgerichts Charlottenburg sich durchsetzt.
Es mag Zufall sein, aber die Attacke auf den Mietspiegel kommt für die Vermieter zum günstigen Zeitpunkt: Am Montag will Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel den neuen Mietspiegel vorstellen, und zum 1. Juni soll in Berlin die Mietpreisbremse in Kraft treten. Gegen die macht die Vermieterlobby seit langem Front, weil sie die Möglichkeiten, bei Wiedervermietungen die Mieten nahezu beliebig in die Höhe zu treiben, erheblich beschneiden würde.
Ohne den Mietspiegel und die darin ausgewiesenen Bezugsdaten wäre die Bremse deshalb nicht mehr als ein Papiertiger. Kaum ein Mieter wird gegen eine überteuerte Miete vorgehen, wenn er dadurch extreme Gutachterkosten riskiert und auch noch abhängig davon ist, vor welchem Gericht er landet.
Der Verdacht drängt sich auf, dass nach ihrem Scheitern im Bundestag die Vermieter versuchen, die Mietenbremse auf diese Weise auszuhebeln. Zumal über Jahre kein Anstoß am »qualifizierten« Mietspiegel genommen wurde.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/970939.versuch-der-abschreckung.html