Mit der Einigung vom 20. Februar im Rahmen der Eurogruppe wurde das zweite, seit Februar 2012 laufende Kreditprogramm für Griechenland bis Ende Juni 2015 verlängert. Und zwar im Rahmen der in den bestehenden »Vereinbarungen enthaltenen Bedingungen unter optimaler Nutzung der darin gegebenen Flexibilität« – das heißt: mit der Möglichkeit, dass die SYRIZA-geführte Regierung andere Maßnahmen zur Erhöhung der Staatseinnahmen ergreift als die bisherige, vor allem auf Sozialkürzungen und Privatisierung basierende Austeritätspolitik der Vorgängerregierung. Athen sollte dazu sogenannte Reformlisten vorlegen.
Seit 2010 haben griechische Regierungen insgesamt rund 240 Milliarden Euro an Krediten erhalten. Verschiedenen Berechnungen zufolge ging der größte Teil davon für die Bedienung von Altschulden, Zinszahlungen und die Rettung von Banken drauf. Laut Attac Österreich flossen über 77 Prozent der Kredite direkt oder indirekt in den Finanzsektor zurück. Aus dem laufenden Kreditprogramm wurde zuletzt im August 2014 Geld an Griechenland überwiesen. Derzeit geht es um die Auszahlung von verbliebenen Kredittranchen in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro.
Bisher hat Griechenland alle Rückzahlungen pünktlich erfüllt – und dafür teils das letzte Geld zusammengekratzt. Gehälter und Pensionen sollen aber auch im Notfall vorgehen. Im Juni muss die Regierung in Athen in vier Raten knapp 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen: am 5. Juni rund 303 Millionen, am 12. Juni rund 341 Millionen, am 16. Juni rund 568 Millionen und am 19. Juni rund 341 Millionen. Hinzu kommen Rückzahlungsverpflichtungen aus kurz laufenden Staatsanleihen. Im Juli werden weitere 3,9 Milliarden Euro fällig – an IWF, EZB und Europäische Investitionsbank.
SYRIZA will keine erneute Senkung von Renten und Gehältern im öffentlichen Dienst akzeptieren; zu Änderungen am Rentensystem ist man aber bereit. Zugeständnisse könnte es bei Vorruhestandsregelungen oder Sonderzahlungen für ärmere Pensionisten geben. Die Gläubiger drängen darauf, dass das griechische Rentensystem künftig ohne Zuweisungen aus dem Staatsetat auskommen muss. Das lehnt die Regierung ab.
Beim Primärüberschuss, also der Differenz von Einnahmen und Ausgaben ohne Zinszahlungen für Schulden, will Athen die geltenden Ziele heruntersetzen, um mehr Spielraum für andere Maßnahmen zu bekommen. In Rede stehen Ziele für den Primärüberschuss von unter einem Prozent für 2015; 1,5 bis zwei Prozent für 2016 und 2,5 Prozent für 2017. Die EU-Kommission könnte das mittragen, der IWF will höhere Marken.
Umstritten ist auch die Reform der Mehrwertsteuer: Athen strebt eine Drei-Stufen-Regelung mit Steuersätzen von sieben, 14 und 22 Prozent an. Die Gläubiger bevorzugen eine zweistufige Abgabe von zehn und 23 Prozent. Die SYRIZA-geführte Regierung lehnt auch die von den Gläubigern geforderte Deregulierung des Arbeitsmarktes ab, mit dem das System der Tarifverträge und der Löhne flexibilisiert werden soll.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/972939.kreditprogramm-knackpunkte-kompromisse.html