nd-aktuell.de / 04.10.2006 / Politik
Künstler-Seele
PAUL CÉZANNE auf der Spur
Peter H. Feist
Die Bilder von Paul Cézanne, der vor 100 Jahren starb, erlangten herausragende Bedeutung für die nachfolgende Malerei und überhaupt den Kunstbegriff. Wodurch und wie sie solche Wirkung erzielten, wird immer wieder neu gefragt und zu erklären versucht. Nicht nur von Kunstwissenschaftlern, auch von Vertretern anderer Wissenschaften, Schriftstellern oder Dichtern - seit Rilke. Professor Gantheret ist beides: Psychoanalytiker und Romanautor. Er beschreibt suggestiv, welche Empfindungen einige Bilder Cézannes in ihm auslösten und begründet Entstehen und Gestalt der Bilder aus Kindheitserlebnissen des Malers, Schwierigkeiten mit der Sexualität und der am Ende bitter enttäuschten Freundschaft mit dem Schriftsteller Zola.
Das ist seit Jahrzehnten bekannt. Neu ist die Deutung des so oft gemalten Gebirgszuges bei Cézannes Heimatort Aix als Frauenleib. Im Französischen ist ja die Montagne Sainte-Victoire ein weibliches Wort. Damit wir seine Schritte zum Verständnis und schließlich höchster Bewunderung für Cézanne nachvollziehen können, analysiert der Autor eigene unglückliche Liebesbeziehungen sowie Naturerlebnisse, was viel Platz im Buch beansprucht. Seine kurzen Erwähnungen von Personen, Vorgängen, Kunstwerken kann nur verstehen, wer sich schon in anderen Publikationen Kenntnisse über Cézanne, sein Schaffen und seine Nachwirkung verschafft hat. Eine DVD enthält das Gesamtwerk. »Die kleine Straße nach Tholonet«, so der Titel des französischen Originals von 2005, ist ein anregender subjektiver Essay über Psychologie des Kunstschaffens und -betrachtens voll zugespitzter Behauptungen.
Francois Gantheret: Paul Cézanne. Sein Weg in die Moderne. Ein Porträt. A. d. Franz. v. Annette Leppert. Militzke. 255 S. m. Abb. und DVD; 39,90 EUR.
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