Update 16.10 Uhr: Högl rät von Kürzungen des Taschengeldes ab
Inzwischen stoßen die Forderungen von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) auch in Teilen der SPD auf deutliche Kritik. Eve Högl, Eva Högl, stellvertretende Vorsitzende der SPD im Bundestag, nannte die Vorschläge im Tagesspiegel[1] einen »ergebnisoffenen Diskussionsbeitrag«.
»Ich bin aber skeptisch, ob wir da am Taschengeld ansetzen sollten«, mahnte Högle und verwies darauf, dass das Taschengeld ein menschenwürdiges Leben ermöglichen solle. Zudem werde das Sachleistungsprinzip in den Erstaufnahmeeinrichtungen ohnehin bereits vorwiegend umgesetzt.
Dringender sei es stattdessen, eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu erreichen, im Ideafall direkt in den Erstaufnahmestellen, so Högl.
Update 15.50 Uhr: Ramelow sieht in de Maizière Äußerungen Populismus
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (LINKE) kritisierte den Vorstoß von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gegenüber dem Tagespiegel[2] als Teil einer »populistischen Debatte«. »Wenn Leute aus Syrien, Libyen oder Eritrea vor einem Krieg nach Europa flüchten, interessiert sie doch nicht, ob sie in Deutschland Taschengeld bekommen«, so Ramelow.
Die Zuspitzung der aktuellen Lage sehe Thüringens Ministerpräsident vor allem in einer organisierten Verantwortungslosigkeit in Berlin. Die Bundesregierung müsse Ländern und Kommunen konkrete und substanzielle Zusagen zur Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung machen, spätestens während des geplanten Gipfels am 9. September. »Der Bund sollte den Ländern und Kommunen 50 Prozent der tatsächlichen Kosten erstatten«, forderte Ramelow.
Update 14.00 Uhr: Arbeitsministerium prüft Rückkehr zu Sachleistungsprinzip
Das Bundesarbeitsministerium prüft derzeit, ob die Sozialleistungen für Asylbewerber künftig wieder verstärkt als Sachleistungen statt als Bargeld ausgegeben werden sollen. Wie eine Ministeriumssprecherin am Freitag in Berlin sagte, gibt es vor dem Hintergrund der Bund-Länder-Überlegungen zur Flüchtlingspolitik auch Gespräche darüber. Ein Ergebnis steht demnach aber noch aus. Seit März dieses Jahres gilt das neue Asylbewerberleistungsgesetz, das erstmals einen Vorrang für Geldleistungen vorsieht.
Entstanden ist das Gesetz nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die alten Leistungen für Asylbewerber als viel zu niedrig beurteilt hatte. Die Sprecherin betonte, die Leistungssätze seien nun angemessen und bedarfsgerecht. Alleinstehende Asylbewerber erhalten derzeit 359 Euro monatlich.
Die Sprecherin von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte, eine Ausgabe vorrangig in Sachleistungen sei möglich. Dies sei nicht vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben. Seit Inkrafttreten des neuen Gesetzes bekommen Asylbewerber vorrangig Bargeld zur Deckung ihres täglichen Bedarfs. Ausnahme sind die Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen. Dort gilt nach wie vor ein Vorrang von Sachleistungen.
Update 12.15 Uhr: Grüne gegen Kürzungen der Leistungen für Asylsuchende
Die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt kritisiert den Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière für mehr Sachleistungen für Flüchtlinge. »Es ist eine Lebenslüge, dass sich die Zahl der Flüchtlinge über die Höhe der Leistungen regulieren ließe«, sagte Göring-Eckardt der in Düsseldorf erscheinenden »Rheinischen Post«. »Menschen fliehen nicht, weil die Situation in Deutschland so attraktiv ist, sondern weil die Lage in den Heimatländern katastrophal ist.«
Der Bundesinnenminister müsse vielmehr nach »echten Lösungen« für die weiter hohe Zahl von Flüchtlingen suchen, sagte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag. »Flüchtlinge müssen einen kontrollierten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt bekommen, die Situation in den Westbalkan-Staaten muss verbessert werden und der Bund muss sich stärker an den Kosten für die Flüchtlingshilfe beteiligen.«
Update 10.40 Uhr: Nicht am Taschengeld sparen!
Bundesinnenminister bekommt für seinen Vorstoß, über eine Kürzung der Leistungen für Asylbewerber nachzudenken, heftige Kritik aus den Reihen der Opposition. »Der Bundesinnenminister bewegt sich mit seiner Forderung nach Kürzung des sogenannten Taschengeldes für Flüchtlinge hart am Rand der Verfassung«, warnte Ulla Jelpke[3], die innenpolitische Sprecherin derLinksfraktion. Das Taschengeld zu kürzen hieße für Jelpke, auch an der Menschenwürde zu sparen. »Auch Flüchtlinge vom Westbalkan haben ein Anrecht auf Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und auf ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben«, mahnte Jelpke und verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem jahr 2012, wonach das taschengeld dazu dient, ein menschenwürdiges Existenzminimum zu garantieren.
Update 10.10 Uhr: Özoguz fordert schneller Aufklärung von Straftaten gegen Flüchtlinge
Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hat eine schnellere Aufklärung von Straftaten gegen Flüchtlinge gefordert. »Ich würde mir wünschen, dass wir die Taten schneller aufklären und bestrafen«, sagte Özoguz der Tageszeitung »Die Welt« vom Freitag. Das gehe »nicht immer schnell genug«. Umso wichtiger sei es, dass Staat und Bevölkerung klare Zeichen setzten, dass derartige Angriffe niemals geduldet werden.
Özoguz zeigte sich zugleich überzeugt, dass es der »beste Schutz« für Asylbewerbereinrichtungen sei, wenn die Unterkünfte nicht in der Peripherie, sondern in den Orten nahe bei den Einwohnern errichtet würden. »Nähe lässt Vorurteile schneller abbauen«, sagte die Flüchtlingsbeauftragte.
Update 9.50 Uhr: Ramelow unterstützt SPD-Vorstoß zu Arbeitsvisa für Menschen vom Balkan
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) begrüßt die Vorschläge der SPD zu mehr Arbeitsmöglichkeiten für Menschen vom Westbalkan. »Wir müssen ernsthaft darüber reden, ob die Grenzen zwischen den Systemen Asyl und Zuwanderung richtig gezogen sind«, sagte er am Donnerstag der dpa.
Es sei absurd, dass Unternehmen auf der einen Seite händeringend Mitarbeiter suchten, »während wir auf der anderen Seite Menschen dazu zwingen, monatelang untätig in Flüchtlingsunterkünften zu sitzen, um sie dann vielleicht sogar zurückzuschicken, obwohl wir womöglich sogar Arbeit für sie hätten«. Darüber müsse beim Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im September geredet werden.
Nach den Vorstellungen der SPD sollten Menschen vom Balkan ein Arbeitsvisum für Deutschland bekommen können, wenn sie einen Arbeitsvertrag vorweisen, der eine Bezahlung nach Mindestlohn beinhaltet. Auch nach Ansicht Ramelows sollten Menschen aus den ehemaligen Staaten Jugoslawiens und aus Albanien Arbeitsvisa erhalten. »So könnten wir gleichzeitig die Wirtschaft stärken und das Asylsystem entlasten«, begründete er.
Berlin. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellt die derzeitigen Leistungen für Asylbewerber infrage. Im »heute-journal« des ZDF sprach sich de Maizière am Donnerstagabend dafür aus, mehr Sachleistungen zu gewähren statt Geld zu zahlen. Auch das sogenannte Taschengeld könne man sich »genauer angucken«. Zugleich verwies der CDU-Politiker auf die »relativen engen Grenzen« durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. »Man kann nicht beliebig reduzieren«, sagte der Minister – der offenbar darüber enttäuscht ist.
Der CDU-Mann strebt dennoch Kürzungen an, das wurde offensichtlich. In den Erstaufnahmeeinrichtungen könne man nach Meinung de Maizières dafür sorgen, dass nicht viel Bargeld und schon gar nicht Monate im Voraus ausgezahlt werde. Dem Radiosender Bayern 2 sagte de Maizière am Freitag: »Die Höhe unserer Asylbewerberleistungen ist teilweise höher als ein Erwerbseinkommen in Albanien oder Kosovo.« Es gebe zudem Bundesländer, die zahlten die Leistungen für Asylbewerber vier Monate im Voraus aus: »Da darf man sich nicht wundern, wenn das Geld dann an die Schlepper weitergegeben wird.« »Wir können im Leistungsbereich auch unter Wahrung der Menschenwürde doch einiges tun«, sode Maizière.
Welche Leistungen bedürftige Flüchtlinge erhalten, ist im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. In einer Erstaufnahmeeinrichtung wird der Grundbedarf des täglichen Lebens wie Ernährung, Unterkunft, Kleidung und Gesundheitspflege durch Sachleistungen gedeckt. Hinzu kommt ein Taschengeld für persönliche Bedürfnisse wie Fahrtkosten und Kommunikation. Seine Höhe unterscheidet sich je nach Alter und Familienstand, bei einem alleinstehenden Asylbewerber beträgt es derzeit 143 Euro im Monat. Nach Ablauf der Erstaufnahme wird der Grundbedarf vorrangig durch Geldzahlungen gedeckt. Dabei erhalten Alleinstehende 216 Euro im Monat, zusammen mit dem Taschengeld ergibt dies 359 Euro.
De Maizière erklärte, dass mehr als 40 Prozent der Asylbewerber in der ersten Jahreshälfte aus den Westbalkanländern gekommen seien und somit keine Chance auf Anerkennung in Deutschland hätten. Die Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz seien genauso hoch wie das Monatseinkommen eines Polizisten im Kosovo oder in Albanien. Auch gebe es unterschiedliche Standards in den EU-Ländern, die dazu führten, dass viele Menschen den Weg nach Deutschland suchten. »Das heißt, wir brauchen auch eine Debatte über europäische Standards der Menschenwürde und der Leistungen«, sagte er. Der Innenminister kündigte an, dass die Prognose von 400.000 Asylbewerbern für Deutschland im Verlauf des laufenden Jahres erneut nach oben korrigiert wird. In der nächsten Woche werde er nach Rücksprache mit den Bundesländern eine neue Prognose vorliegen. Die Zahlen würden »sehr viel höher« ausfallen, auch wenn er eine Zahl von 600.000 derzeit nicht bestätigen könne. Agenturen/nd
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/981201.linke-de-maiziere-darf-nicht-an-menschenwuerde-sparen.html