In das idyllische Borgsdorf, das zur Stadt Hohen Neuendorf im Norden Berlins gehört, ziehen Asylbewerber. Das bewegt die Einwohner ganz unterschiedlich. In der Kirche versammeln sich am Dienstagabend Unterstützer, die den Neuankömmlingen die Ankunft in Deutschland erleichtern wollen. Wenige Autominuten entfernt treffen sich AfD-Landtagsabgeordnete in einer Gaststätte und wollen mit Bürgern über Asylpolitik diskutieren.
Im Februar kommenden Jahres werden in dem kleinen Ort mit 4000 Einwohnern 240 Flüchtlinge erwartet. Auf einem etwa 20 000 Quadratmeter großen, verwilderten Grundstück sollen bis dahin Container aufgestellt werden. Dafür werden auch Bäume gefällt.
»Der Landkreis Oberhavel muss in diesem Jahr 1920 Flüchtlinge aufnehmen«, sagt Sprecher Ronny Wappler. Unterkünfte werden knapp.
In der mit 300 Menschen bis auf den letzten Platz besetzten Kirche endet die Veranstaltung nach anderthalb Stunden mit einem Ergebnis: Es soll eine Willkommensinitiative geben. »Die Flüchtlinge sollen sehen, sie sind angekommen«, sagt Karsten Poppe, einer der Sprecher der Initiative. »Wir wollen etwas tun«, heißt es immer wieder. Es geht um Hilfe beim Deutschlernen, eine Fahrradwerkstatt, Patenschaften für Familien, aber auch Begleitung bei Behördengängen oder der Suche nach Arbeit. Das weiße Blatt ist schnell beschrieben. Aus einem Landesprogramm haben Willkommensinitiativen bislang mehr als 53 000 Euro beantragt. Rund 80 derartige Gruppen kümmern sich.
Auf der AfD-Veranstaltung hören etwa 60 Menschen zu. »Die Verärgerten sollen eingefangen werden, die mit der Standortwahl des Heims nicht einverstanden sind«, sagt der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Galau. Gegen Heime prinzipiell sei man nicht, erklärt er. Im Publikum sind einige, die nicht zum Klientel der AfD gehören. Auf T-Shirts von zwei jungen Leuten mit der Aufschrift »Ganz klar kein Nazi« und »Antifa« reagiert Galau betont ruhig. Doch er könne sie des Saales verweisen, droht er, als eine Antifafahne entrollt wird. Er tut es nicht.
Mit Murren reagiert ein Teil der Zuhörer, als sich LINKE- und Grüne-Mitglieder zu erkennen geben. Ihre Argumente auf Aussagen beispielsweise zu Abschiebungen ernten Ablehnung beim Publikum. Dafür wird länger über die Bäume diskutiert, die nun weichen müssen.
»Viele Borgsdorfer erwarten die Flüchtlinge, es gibt aber noch immer viele Fragen«, sagt Hohen Neuendorfs Bürgermeister Klaus-Dieter Hartung (LINKE) ein. Viele Einwohner wollen Hartung zufolge vor allem wissen, welche Sicherheitskonzepte es gebe oder warum ausgerechnet dieser Standort ausgesucht wurde.
Zwei Schülerinnen in der Kirche haben für die Baumfrage eine Lösung. »Mit den Flüchtlingen organisieren wir eine Gartengruppe«, sagen sie. Neue Pflanzen sollen in den Boden kommen als Ausgleich für die gefällten Bäume. Am 17. September plant der Landkreis eine weitere Informationsveranstaltung. dpa
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/983535.lieber-baeume-erhalten-als-asyl-gewaehren.html