nd-aktuell.de / 02.11.2015 / Sport / Seite 18

Wir sind alle Interimstrainer

Borussia Mönchengladbach deklassiert Hertha BSC

Stephan Fischer

»Es gibt solche Tage. Und heute war ein solcher.« Herthas Trainer Pal Dardai wollte seiner Mannschaft nur wenige Minuten nach dem 1:4 gegen Borussia Mönchengladbach keine Vorwürfe machen - zu eindeutig war der Qualitätsunterschied auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions ausgefallen. Abhaken und der Berliner Mannschaft zwei Tage freigeben - wo andere Trainer auf Straftrainingsrunden setzen, sieht Dardai sein Team durch das Ergebnis und die Art und Weise, wie es zustande kam, genug gestraft: Zwei Tage ohne Training sind auch zwei Tage, in denen einzelne Momente eines Spiels hin- und hergewälzt werden können - und da Mönchengladbach in allen Belangen überlegen war, gibt es für jeden einzelnen Berliner Spieler genug Stoff zum Nachdenken.

Nachdenklich zeigte sich auch Dardai selbst - war doch sein Matchplan gegen die von Immer-noch-Interimstrainer André Schubert trainierten Borussen völlig in die Hose gegangen. Dardai konnte sich in den ersten zehn Saisonspielen vor allem auf die Laufbereitschaft seiner Mannschaft verlassen - mit Mönchengladbach kam ein Team, das mindestens genauso viele Kilometer pro Spiel abspult. Statt die Elf vom Niederrhein unter Druck zu setzen, fanden sich die Berliner sofort in die eigene Hälfte eingedrückt wieder.

Ihnen fehlte die Konzentration im Aufbauspiel - mit schweren Abspielfehlern legten die Berliner dem kombinationsstarken Mittelfeld der Borussen um den Ex-Berliner Spielmacher Raffael die Chancen fast selbst auf. Die 2:0-Halbzeitführung der Gäste war hochverdient. Der individuellen Klasse des Champions-League-Teilnehmers konnten die Herthaner am Sonnabend nur hinterherschauen. Zunächst hatte sich die Borussia über Xhaka und Johnson in den Berliner Strafraum kombiniert, dann jagte Wendt den Ball mit Hilfe des rechten Innenpfostens in den Winkel (26.). Keine zwei Minuten später war die Partie vorentschieden: Raffael dribbelte sich durch die gesamte Berliner Abwehr und zog dann ab - 2:0. Ein mögliches Aufbäumen der Berliner erstickte Xhaka in der 55. Minute mit seinem Foulelfmeter zum 3:0. Herthas Baumjohann verkürzte ebenfalls durch Strafstoß (82.), ehe Nordtveit in der 91. Minute den Drei-Tore-Abstand wieder herstellte.

Für Hertha war mit dem 1:4 zum ersten Mal in der Saison ein Plan nicht aufgegangen. Gladbachs André Schubert plant nach dem sechsten Sieg in seinem sechsten Spiel weiter nur von Spiel zu Spiel. Auf die Frage nach seinen Aussichten als Cheftrainer wurde er nahezu philosophisch: »Wir sind alle Interimstrainer - ich habe nur keinen Vertrag.« Sein Startrekord als Bundesligatrainer gibt ihm für diesen aber immer mehr Argumente an die Hand.