Auch wenn es in diesen Tagen den Anschein hat, als würde der Herbst nahtlos in den Frühling übergehen - bei der Deutschen Bahn (DB) reden sie trotzdem über den Winter. Und hoffen sogar, dass er so ausfällt, »dass wir wegen der winterlichen Straßen zusätzliche Fahrgäste gewinnen können«, so der DB-Qualitätsverantwortliche Lutz-Steffen Hering.
Damit die dann nicht gleich wieder entnervt ins Auto zurückwechseln, hat die Bahn sich vorbereitet und wie jedes Jahr zum 1. November die Winterbereitschaft ausgerufen. Die Winterdienstzentrale am Nordbahnhof, intern »das kalte Herz der Bahn« genannt, ist rund um die Uhr besetzt. Von hier werden die Schneeräumeinsätze auf Bahnsteigen in der gesamten Region gesteuert. Auch bei der S-Bahn ist die Wintervorbereitung abgeschlossen. Um das Einfrieren der Türen zu verhindern, wurden die Türgummis entsprechend behandelt. Falls es doch geschieht, sollen an wichtigen Bahnhöfen und den Endstationen Enteisungsteams eingreifen.
Größtes Problem waren bisher die Elektromotoren unterhalb des Wagenkastens, die immer wieder durch Flugschnee lahmgelegt wurden. Die S-Bahn experimentierte in den vergangenen Jahren mit dem zeitweiligen Anbringen von Filtermatten, um das Eindringen zu verhindern, ist jetzt aber zu dauerhaften Abdichtungen übergegangen. Einen hundertprozentigen Schutz bieten diese laut S-Bahn-Chef Peter Buchner aber auch nicht, da sie nicht komplett geschlossen werden können. Dann würden die luftgekühlten Motoren zu schnell heiß laufen. Schutzabdichtung erhielten auch die Kupplungen an den Zügen der Baureihe 480 und 481. Sie sollen verhindern, dass gefrierendes Tropfwasser von den Windschutzscheiben die Züge ausbremst.
Die S-Bahnen werden allerdings nicht nur durch Fahrzeugschäden gestoppt, sondern mindestens ebenso häufig durch nicht funktionierende Weichen. Hier konnte Hering vermelden, dass mittlerweile 5700 Weichen in der Regien Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit Weichenheizungen ausgestattet sind, darunter alle rund 1000 betriebsnotwendigen der S-Bahn. Zudem erhielten 800 Weichen ebenfalls Abdeckungen, um das Blockieren durch Schnee- und Eisklumpen zu verhindern und die Heizwirkung zu erhöhen: »Die Wärme streut dann nicht mehr so«, erklärt Hering.
In den vergangenen beiden Jahren hatte es der Winter relativ milde mit der S-Bahn und ihren Fahrgästen gemeint. Davor hatten Schnee und Eis regelmäßig zu heftigen Turbulenzen im Fahrplan geführt, verstärkt durch schlechten Wartungszustand der Fahrzeuge. Auch jetzt hat die S-Bahn Probleme mit der Fahrzeugverfügbarkeit, weil viele Züge der Baureihe 480 wegen Rissen an den Drehgestellen in der Werkstatt sind. Statt der notwendigen 531 Viertelzüge kamen an manchen Tagen kaum 500 zum Einsatz. Am gestrigen Montag waren es immerhin 525. Ein Wintereinbruch könnte das Problem verschärfen.
Wann und wo der Winter zuschlägt, erfahren die Mitarbeiter der Winterdienstzentrale zuerst. Sie erhalten die Wetterdaten für die ganze Region und schicken im Bedarfsfall die Schneeräumdienste los, um die 640 Bahnhöfe und Haltepunkte der Region schnee- und eisfrei zu halten. Insgesamt 3700 meist externe Mitarbeiter stehen dafür zu Verfügung, ausgestattet mit GPS-Telefon - wegen der besseren Überwachung der Arbeiten - und Schneebesen, weil auf den Bahnsteigen keine schwere Technik zum Einsatz kommen darf. »Vor der ersten Zugdurchfahrt muss alles beräumt sein«, so Bernd Bensing von DB-Services. Mal sehen.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/990711.das-kalte-herz-pulsiert-schon.html