Erfurt. Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle in Thüringen hat sich im vergangenen Jahr mit 13 Fällen mehr als verdoppelt. Das geht aus dem Arbeitsschutzbericht hervor, den Thüringens Arbeits- und Sozialministerin Heike Werner (LINKE) in Erfurt vorlegte. Der Negativtrend scheint - nachdem zuvor über Jahre ein Rückgang verzeichnet wurde - anzudauern: Bis Ende September starben bereits neun Arbeitnehmer im Dienst. Das waren mehr tödliche Arbeitsunfälle als im Gesamtjahr 2013 mit sechs. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 8645 registrierte Arbeitsunfälle. Das waren deutlich mehr als ein Jahr zuvor mit 7231.
Einen Anstieg gibt es nach dem Bericht auch bei anerkannten Berufskrankheiten. Ihre Zahl erhöhte sich binnen eines Jahres um 184 auf 452.
Neben den 13 tödlichen Arbeitsunfällen wurden im vergangenen Jahr 38 schweren Arbeitsunfälle registriert. Als schwer werden Arbeitsunfälle in der Regel eingestuft, wenn daraus eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen resultiert. Werner, die vor einem weiteren Stellenabbau in der Arbeitsschutzbehörde warnte, sieht einen Grund für mehr schwere Arbeitsunfälle im gestiegenen Wettbewerbsdruck in der Wirtschaft. Das könnte dazu führen, dass »Arbeitsschutzbemühungen einschlafen«, sagte die Ministerin.
Insgesamt konstatierte sie gravierende Veränderungen in der Arbeitswelt mit erhöhten Belastungen für die Arbeitnehmer durch immer flexiblere Arbeitszeiten, Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit. Vielfach seien aber auch die technischen Sicherheitsvorkehrungen unzureichend. Ein Teil der Berufskrankheiten sind nach Einschätzung von Werner vermeidbar, wenn zum Beispiel Hörschutz getragen oder Belastungen der Haut vermieden würden. In diesem Jahr hatte es tödliche Arbeitsunfälle unter anderem bei Dacharbeiten in Kromsdorf bei Weimar sowie in Bad Blankenburg im Kreis Saalfeld-Rudolstadt gegeben, wo ein Lastwagenfahrer beim Entladen von einer tonnenschweren Rolle erschlagen wurde.
Mit dem derzeitigen Personal in der Arbeitsschutzbehörde könnten Unternehmen faktisch nur alle 25 bis 30 Jahre kontrolliert werden, sagte die Ministerin. Deshalb würden Schwerpunkte bei den Kontrollen gesetzt und vor allem Bereiche untersucht, die als besonders gefährdet gelten.
»Das Personal ist fast nicht mehr ausreichend«, sagte Werner. Auch mit Blick darauf, dass die Anforderungen an die Kontrollen stiegen. Es gehe zunehmend auch um psychische Belastungen am Arbeitsplatz. Angesichts des geplanten weiteren Stellenabbaus in der Landesverwaltung mahnte Werner, genauer darauf zu schauen, welche Aufgaben die einzelnen Bereiche zu bewältigen hätten.
Nach dem Arbeitsschutzbericht wurden 2014 insgesamt 2132 Betriebe durch die Arbeitsschutzverwaltung beim Landesamt für Verbraucherschutz kontrolliert. Das seien 3,5 Prozent der Betriebsstätten, die es in Thüringen gebe. Bei den Kontrollen habe es 10 256 Beanstandungen und in der Folge 979 Verwarnungen gegeben. In 1264 Fällen seien wegen grober Verstöße Bußgeldbescheide erlassen worden.
Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die Zahl der Arbeitsunfälle in Thüringen jedoch mehr als halbiert. Denn 1995 lag diese Zahl noch bei 20 685. Der Rückgang dürfte jedoch nicht unwesentlich auch auf den den Rückgang der Erwerbstätigenzahl im Freistaat Thüringen zurückzuführen sein. dpa/nd
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/992571.arbeitsunfaelle-mehr-im-land.html