Heiteres Unterschichtenporträt
Freitags Wochentipp: »Blockbustaz« mit Eko Fresh und Ferris MC auf ZDFneo
Zur Demokratie gehört auch die Kritik an ihr zwingend dazu. Man darf Wahlen demnach für überflüssig halten; an Entertainment allerdings mangelt es nicht. Der Supersunday etwa bot öffentlich-rechtlich feinste Unterhaltung mit kompetenter Berichterstattung vor allem im Ersten, gefolgt von einer klugen Anne Will im Anschluss, der das ZDF - nach gewohnt debiler Primetime-Verseifung - die gehaltvolle Maybrit Illner entgegenstellte. Sicher, die Stimmverteilung attestiert bis zu einem Viertel der Wähler eher das Niveau von Inga Lindström als der Talkshowgastgeberinnen, aber sei’s drum: die Demokratie muss (und kann) auch geistige Schlichtheit schlucken.
Sie puffert ja auch das stete Schattenboxen wider die Rundfunkgebühr ab, das grade in die gefühlt 2763. Runde ging und auch im laufenden Prozess nicht mit dem Aus dessen enden wird, was Kritiker als Zwangsabgabe missverstehen, letztlich aber eine Art kollektiver Investition in die letzten Reste fernsehjournalistischer Unabhängigkeit ist. Dass damit auch patriotisches Jubelpersertum wie im Wintersport finanziert wird, hat mit Journalismus zwar wenig zu tun, aber damit ist es ja seit Sonntag so vorbei wie mit dem »Bachelor«, der RTL im Finale Minusquoten bescherte.
Vorbei ist es auch mit Franz Beckenbauer als Sky-Experte, was weniger schade ist, als die Frage aufwirft, wie sich der selbstgerechte Patriarch so lang am Mikro eines ordentlichen Senders halten konnte. Bedauerlicher ist, dass Carlo Rola keines mehr zur Hand nimmt: Herztod mit 57, heißt es über den Regisseur, der eine Art Symbiose mit Iris Berben gebildet und nahezu jeden ihrer 2763 Filme verfasst, gedreht und produziert hat. Seine Dramen (»Die Krupps«) und Krimis (»Rosa Roth«) bilden ein zeitgenössisches Vermächtnis des alten Leitmediums - und somit den Gegenentwurf zu dem, was das ZDF auf seinem Ableger neo versucht: Internet und Fernsehen zu vereinen.
Am Dienstag geht dort »Blockbustaz« mit dem Rapper Eko Fresh als fauler, aber herzensguter Kiffer im Kölner Plattenbau in Serie, was sich ziemlich berechenbar der Netzgemeinde anbiedert - dafür steht der Hip-Hop-Star Ferris MC als Sols Kumpel, mehr aber noch Joyce Ilg als fürsorglich-prollige Freundin, deren Facebook-Kanal eine Million Abonnenten hat. Dennoch hat sich der Sieger des TVLab 2014 spürbar vom Schülervideoniveau des Pilotfilms emanzipiert.
Im Kreise illustrer Gaststars von Frederick Lau bis Moritz Bleibtreu hat Niklas Hoffmann ein heiteres Unterschichtenporträt verfasst, das Regisseur Jan Markus Linhof in Szene setzt, ohne die Figuren verächtlich zu machen. Ob man darüber lachen sollte, wenn ein Spielsüchtiger sein Kleinkind als Pfand fürs unbezahlte Bier hinterlegt, das eine Szene weiter im Haschdunst der Geschwister Ballermannfernsehen glotzt, ist Auslegungssache. Aber Humor ist bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Zwischen Arbeitsamt, Kleindealerei und Gettosprache klappt das ganz gut. So viel sei gemutmaßt: Die Jugend wird es im Netz verfolgen.
ZDFneo, 22.3., 22.30 Uhr
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