Noch weiter nach rechts
Radikal gegen antiislamisch: Im Streit um das künftige Programm kündigt sich die nächste Häutung der AfD an
Vor einigen Tagen hat AfD-Vize Beatrix von Storch einen radikalen Anti-Islam-Kurs zum Kern der Rechtsaußen-Partei erklärt. «Der Islam wird als ein zentrales Thema im neuen Programm Eingang finden», wurde die Europaabgeordnete zitiert. Zuvor waren interne E-Mails der Parteiführung bekannt geworden, in denen von Storch den Islam als «das brisanteste Thema überhaupt» bezeichnet hatte - es sei bestens für die «Außenkommunikation» geeignet. Von Storch wollte das Thema «mit einem Knall öffentlich machen».
Der Knall kam - aber aus anderem Grund. Es gab Berichte, von Storch sei aus der Programmkommission der AfD geflogen: angeblich wegen Indiskretion. Andere Beobachter sahen Differenzen in der politischen Kultur als Grund für wachsende Spannungen an. Immer klarer treten jedenfalls Konflikte zwischen dem ultrarechten Flügel und dem Kreis um Bundeschefin Frauke Petry zutage. Das geht bei der unterschiedlichen Bewertung von Petrys Homestory-Interview in einer Illustrierten los und hört bei der Frage noch nicht auf, wie man es mit dem wegen seiner Nähe zur Rechtsradikalen vor der Auflösung stehenden Saar-Verband der AfD hält. Der Thüringer Landeschef Björn Höcke sprach sich dagegen aus - eine entsprechende Äußerung war vorübergehend auf der Facebook-Seite der völkisch-nationalistischen Strömung «Der Flügel» zu lesen.
Aus diesem Umfeld kommt nun ein «Vorschlag aus Niederbayern für ein Grundsatzprogramm», das über die bisher bekannten Anti-Islam-Positionen der AfD hinausgeht. So wird darin sogar ein Verbot des Baues und Betriebs von Moscheen gefordert, berichtet das RedaktionsNetzwerk. Muslimische Gotteshäuser dienten «nicht nur dem gemeinsamen Gebet, sondern auch der Verbreitung der auf die Beseitigung unserer Rechtsordnung gerichteten islamischen Lehre», wird aus dem Papier zitiert. Der Islam sei «auf seinem erklärten Weg zur Weltherrschaft bereits bei 57 von 190 Staaten angekommen». Auch lasse der Koran «Lüge und Täuschung» zu. Deshalb müsse es für die Religionsfreiheit des Grundgesetzes nach Meinung der Verfasser Grenzen geben.
Bayerns AfD-Landeschef Petr Bystron hat sich gegenüber dem RedaktionsNetzwerk von dem Vorstoß aus Niederbayern distanziert - ein bisschen: Es handele sich um einen Gegenentwurf, da viele innerhalb der AfD mit dem Kurs der Parteispitze nicht einverstanden seien, so der AfD-Politiker. Der Bezirksverband Niederbayern habe «eine gewisse Verwandtschaft» zum ultrarechten Flügel der Partei.
Hinter dem Vorstoß soll laut dem Bericht eine Gruppe von AfD-Rechten stehen - eben «Der Flügel», dem sich neben Höcke auch Sachsen-Anhalts Landeschef André Poggenburg, der Brandenburger Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz sowie das sächsische Landesvorstandsmitglied Hans-Thomas Tillschneider zugehörig fühlen. Letzterer gilt als Wortführer der ultrarechten «Patriotischen Plattform» in der AfD und sitzt nun im Magdeburger Landtag. Die Website des «Flügels» will «Mitgliedern und Mitstreitern der Alternative für Deutschland die Möglichkeit» bieten, «sich mit eigenen Beiträgen in die inhaltliche Diskussion der AfD einzubringen».
Das klingt harmlos, «Der Flügel» ist das aber nicht. Gründungsurkunde des «Flügels» ist die «Erfurter Resolution», an der auch Brandenburgs AfD-Landeschef Alexander Gauland mitwirkte, inzwischen gibt es als programmatischen Rahmen außerdem «Fünf Grundsätze für Deutschland».
Was die parteiinterne Tektonik angeht, scheint sich dort ein wachsendes Gegengewicht zu Petry zu etablieren. Man wolle «unser Land und unsere Nation» nicht «aus der Hand geben. Der ultrarechte Kreis sieht »gefährlichen Ideologien, die die multikulturelle Gesellschaft erschaffen und die klassische Familie abschaffen wollen«, dagegen hofft man auf eine »handlungswillige politische Führung, die eigenständige Entscheidungen im nationalen Interesse trifft«.
Es sieht so aus, als stehe eine erneute Häutung der AfD bevor, bei der die Partei noch weiter nach rechts geschoben wird. »Der Flügel« wird mit Höcke und Poggenburg von zwei bei Wahlen erfolgreichen Landespolitikern im Osten mitgeprägt. Bundeschefin Petry, die zuerst den rechtskonservativ-neoliberalen Flügel um Bernd Lucke aus der AfD gedrängt hatte, distanzierte sich zwar mehrfach von Höcke - unter anderem nach einem rassistischen Vortrag. Doch durchsetzen konnte sie sich gegen die Ultrarechten nicht.
Derweil knüpfen die weiter ihre Netzwerke. »Der Flügel« ist der rechtsradikalen »Bürgerinitiative Ein Prozent für unser Land« verbunden, die von dem neurechten Ideologen Götz Kubitschek und dem rechten Publizisten Jürgen Elsässer gegründet wurde. Elsässer versucht, sich als Medienmann der AfD zu inszenieren, unter anderem mit Liveberichten von der Wahlparty in Sachsen-Anhalt mit Poggenburg. Höcke wiederum trat bereits bei Kubitscheks Institut für Staatspolitik auf.
»Flügel«-Mann Tillschneider hatte auf den Webseiten der Strömung bereits Ende Januar »Prinzipien alternativer Islampolitik« formuliert. Darin wird der europäischen Linke vorgeworfen, »in den Islamverbänden Verbündete bei ihrem Kampf gegen die abendländisch-christliche Tradition gefunden« zu haben. »Wenn fremdkulturelle Religionen die Religionsfreiheit in gleichem Umfang wie die christlichen Kirchen in Anspruch nehmen, sind multikulturelle Verhältnisse die Folge. Die Religionsfreiheit wird zum Vehikel einer multikulturellen Transformation«, auch »als trojanisches Pferd« wird Religionsfreiheit bezeichnet.
Im Entwurf des Bundesvorstands der AfD für das neue Programm heißt es zwar auch, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Auch wendet sich der bisherige Leitantrag gegen eine »Diffamierung von Islamkritik als Islamophobie oder Rassismus«. Das Papier geht aber nicht so weit wie der Vorstoß aus Niederbayern. So soll darin lediglich »die Finanzierung des Baus und Betriebs von Moscheen durch islamische Staaten oder ausländische Geldgeber« unterbunden werden. Auch sollen Imame »in deutscher Sprache an deutschen Universitäten ausgebildet werden, unabhängig von Weisungen des islamischen Auslands und von muslimischen Verbänden«.
Auch die Bundes-AfD verlangt, »verfassungsfeindlichen Vereinen den Bau und Betrieb von Moscheen« zu untersagen. Man bekenne sich »uneingeschränkt zur Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit«. Wo diese sich jedoch »gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung« und »gegen die jüdisch-christlichen und humanistischen Grundlagen unserer Kultur« richte, müsse der Staat eingreifen können.
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