Angriffe von links und rechts
Mehrere Scheiben von SPD-Parteibüros wurden in den vergangenen Wochen eingeschlagen
Eine eingeschlagene Fensterscheibe, an der intakten Scheibe daneben rote Farbbeutelspritzer. In der Nacht vom 8. auf den 9. Juni wurde das Abgeordnetenbüro der SPD Marzahn-Hellersdorf angegriffen. »Das Maas ist voll«, steht in schwarzer Schrift auf der Hauswand.
Es ist nur ein Anschlag von vielen auf SPD-Parteibüros der vergangenen Wochen und Monate. Auch andere Parteien sind betroffen, die SPD jedoch besonders. Auch vor den letzten Wahlen zum Abgeordnetenhaus 2011 hatten sich die Anschläge auf Parteibüros gehäuft. Sie sind sowohl rechts- als auch linksmotiviert.
Die Betroffenen verurteilen die Anschläge und Schmierereien, lassen sich aber nicht einschüchtern, erklären sie dem »nd«. »Wahlwerbung kann das nicht sein«, kommentiert die eingeschlagenen Fensterscheiben Paul Kneffel, SPD-Kreisgeschäftsführer von Hellersdorf, der das SPD-Büro am Blumberger Damm leitet. Ausschließen will er nicht, dass die Tat im Zusammenhang mit der kommenden Wahl steht. Auch, weil das Büro schon früher Ziel von rechten Anschlägen war, unter anderem mit Buttersäure. »Einen Einfluss auf das Wahlergebnis wird so etwas wohl kaum haben.« Auch die Arbeit des Wahlkreisbüros beeinflusse der Vorgang nicht. »Ich bin ganz entspannt«, sagt Kneffel. Es ärgert ihn allerdings, dass manche Menschen keine andere Sprache als Gewalt kennen. »Das ist keine Kommunikation.« Jeder könne ins Büro kommen und mit den Abgeordneten reden, wenn sie mit der Arbeit unzufrieden seien. Der Spruch an der Hauswand wende sich eindeutig gegen Bundesjustizminister Heiko Maas, nicht an die Abgeordneten vor Ort. »Aber wir sind eben die Außenstelle der SPD im Bezirk.«
Auch das SPD-Büro des Bundestagsabgeordneten Fritz Felgentreu in Neukölln wurde offenbar wegen der Politik der Bundes-SPD zur Zielscheibe - dieses Mal vermutlich von linken Tätern. In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni schlugen Unbekannte die Fensterscheiben ein und klebten Zettel mit dem Aufdruck »Stop TTIP CETA« an das Schaufenster. Für Felgentreu selbst fallen die Handelsabkommen nicht in seine Themengebiete.
»Autonome Gruppen« bekannten sich in einem Schreiben zu eingeschlagenen Scheiben am Abgeordnetenbüro des SPD-Politikers Frank Jahnke in Charlottenburg Ende Mai. Sie wollten damit auf die bevorstehende Räumung eines Camps von Migranten im Bezirk aufmerksam machen.
Unklar ist, in welche Kategorie die Schmierereien am Friedrichshainer SPD-Büro fallen. »Peter« steht dort, außerdem »Zoom SNA«. »Das sieht weder eindeutig nach links noch nach rechts aus«, sagt Susanne Kitschun. Auszuschließen sei auch nicht, dass ein Sprüher zufällig das Büro als Leinwand für seine Sprüche genutzt habe, schließlich werde das Büro immer wieder mit harmlosem Graffiti bemalt.
Dennoch prüft die Polizei eine politische Motivation der Tat - schließlich sind Kitschun und ihre Bürokollegen ausgewiesene Anlaufstelle für das Friedrichshainer Register, das rechte Straftaten dokumentiert und öffentlich macht. Auch Kitschun will sich nicht einschüchtern lassen. »Das ist nicht schön. Aber im Vergleich zu Übergriffen, wie sie andere Menschen erfahren, ist das gar nichts«, sagte sie dem »nd«.
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