Linke und Grüne fordern Freilassung von Dogan Akhanli
Ankaras langer Arm: Türkei ließ Kölner Schriftsteller in Spanien festnehmen / Kipping: »Wie weit wollen wir Erdogan in Europa noch kommen lassen?«
Berlin. Der Schriftsteller Dogan Akhanli ist auf Betreiben der türkischen Behörden in Spanien festgenommen worden. Das berichtet der »Kölner Stadt-Anzeiger« unter Berufung auf Akhanlis Rechtsanwalt. Ilias Uyar wird in dem Blatt mit den Worten wiedergegeben, bei der spanischen Polizei habe ein »Dringlichkeitsvermerk« der internationalen Polizeibehörde Interpol gegen den Schriftsteller vorgelegen. Der 1991 in die Bundesrepublik geflohene Literat wurde demnach am Samstagmorgen im Urlaub in Grenada festgenommen.
Die Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping reagierte empört. Als »unglaublich«, kritisierte sie die Verhaftung Akhanlis und forderte »die sofortige Freilassung«. Kipping verwies zudem auf die zunehmende Repression durch das Regime in Ankara, dem sich nun offenbar auch internationale Behörden unterordneten: »Wie weit wollen wir Erdogan in Europa noch kommen lassen?«, so Kipping. Der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht sagte im Kurzmeldungsdienst Twitter, »bei solchem Vorgehen muss die Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol generell überdacht werden«. Die EU müsse sicherstellen, dass in den Ländern, die sich der Behörde bedienten, der Rechtsstaat gilt.
Der Kölner Bundestagsabgeordnete Volker Beck von den Grünen forderte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel auf, sich unverzüglich für die Freilassung des Schriftsteller einzusetzen. »Die Festnahme zeigt den Versuch Erdogans, seine Macht über die Grenzen seines Landes hinaus auszudehnen, seine Kritiker einzuschüchtern und weltweit gegen sie vorzugehen«, sagte Beck dem »Stadt-Anzeiger«. Medienberichten zufolge hat die deutsche Botschaft in Madrid bisher keinen Zugang zu Akhanli.
Hintergrund ist eine offenbar politisch konstruierte Anklage gegen den Literaten. Akhanli wird erneut vorgeworfen, einen Raubmord begangen zu haben. Ein Prozess endete bereits mit einem Freispruch, nicht zuletzt, weil Akhanli laut seinem Anwalt zu dem Zeitpunkt der Tat gar nicht in der Türkei war. Zwei Zeugen hatten ihre belastenden Aussagen unter polizeilichem Druck gemacht und später wieder zurückgezogen. Der Freispruch ist jedoch 2013 aufgehoben worden.
Akhanli musste nach dem Militärputsch von 1980 bereits in den Untergrund gehen, in den 1980er Jahren saß er als politischer Häftling in Istanbul in einem Militärgefängnis. Das Mitglied der internationalen Schriftstellervereinigung PEN befasst sich unter anderem mit dem Völkermord an den Armeniern in der heutigen Türkei vor 100 Jahren - der Genozid wird von Ankara bis heute bestritten. nd/Agenturen
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