Lenín spielt mit dem Feuer

Martin Ling über den Ausnahmezustand in Ecuador

Boliviens Präsident Evo Morales lenkte Ende 2010 schnell ein: Er nahm die Streichung der Treibstoffsubventionen nach Massenprotesten zurück und damit den für Bolivien kostspieligen Benzinschmuggel ins reichere Nachbarland Chile mit seinen deutlich höheren Kraftstoffpreisen weiter in Kauf. Das war ihm der soziale Frieden wert.

Von Ecuadors Präsident Lenín Moreno ist nicht zu erwarten, dass er die gestrichenen Treibstoffsubventionen wieder einführt. Auf die massiven Proteste der Bevölkerung hat er stattdessen mit der Verhängung des Ausnahmezustands für 60 Tage reagiert. Selbst wenn er wollte, ist ihm der Rückweg versperrt: Die Streichung der Subventionen ist eine Auflage des Internationalen Währungsfonds (IWF), an dessen Tropf Ecuador hängt, weil die Staatseinnahmen unter dem tendenziellen Verfall des Ölpreises seit Mitte 2014 leiden. Öl ist das devisenträchtigste Exportprodukt des Andenlandes. Dass Lenín wollte, wenn er könnte, ist allerdings nicht wahrscheinlich. Seit Amtsantritt fährt er einen neoliberalen Kurs, der sich am Washington Konsensus von Deregulierung, Privatisierung und Defizitreduzierung orientiert. Und was passiert, wenn beim neoliberalen Dreiklang das Staatshaushaltsdefizit außer Acht gelassen wird, hat gerade der neoliberale Präsident Mauricio Macri in Argentinien vorexerziert: Währungsverfall, Kapitalflucht und schnell steigende Armutsraten.

Ob Lenín mit dem Ausnahmezustand aus der Bredouille kommt, ist alles andere als ausgemacht. Nicht nur Mobilität wird teurer, sondern auch Produkte wie Brot, die für ihre Erstellung auf herantransportierte Inputs angewiesen sind. Der Benzinpreis ist für Arme eine existenzielle Frage.

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