Zoff am Netz

Tennisprofi Novak Djokovic gründet eigene Spielervertretung

Die US Open sollten als erstes Grand-Slam-Turnier nach der Coronapause die Rückkehr ins normale Tennisleben signalisieren. Doch nichts ist normal in diesen Tagen. Die Absagenflut vor dem Turnier war virusbedingt, der neueste Streit geht allein von Menschen aus: von Spielern, Turnierveranstaltern und Funktionären. Höhepunkt war eine Bekanntgabe des Weltranglistenersten Novak Djokovic am vergangenen Wochenende. Der Serbe trat als Vorsitzender des ATP-Spielerrats zurück und gründete gemeinsam mit dem Kanadier Vasek Pospisil eine eigene Spielervertretung. 60 Profis sollen sich der Professional Tennis Players Association (PTPA) schon angeschlossen haben. Ebenso schnell bekam sie aber auch Gegenwind.

Djokovic, der am Montagabend sein Erstrundenmatch gegen den Bosnier Damir Dzumhur klar gewann, bezeichnet die PTPA als erste eigenständige Spielervertretung seit 1972. Ganz korrekt ist das nicht, auch wenn damals die Association of Tennis Professionals (ATP) gegründet worden war. Sie war 16 Jahre lang eine reine Spielervertretung, während die Turniere vom Weltverband und einzelnen Veranstaltern organisiert wurden. Nach einem Boykott startete die ATP 1988 dann selbst eine Turnierserie - die ATP-Tour -, die heute alles außer den Grand Slams und dem Davis Cup ausrichtet. Seitdem ist sie nicht mehr nur eine Spielervertretung. Im Aufsichtsrat sitzen drei Abgesandte der Profis, dazu drei Turnierveranstalter und ATP-Präsident Andrea Gaudenzi.

Der Italiener ist zwar ehemaliger Spieler, hat sich aber zuletzt den Frust vieler Profis zugezogen. Und von den drei Spielervertretern ist neben einem Anwalt und einem Ex-Volleyballer mit Mark Knowles nur einer ein Ex-Tennisspieler. Die heutigen Profis sind im Spielerrat versammelt, der aber nur ein Vorschlagsrecht besitzt. Kein Wunder, dass Vasek Pospisil seinen Rücktritt aus dem Rat so begründete: »Bei den Strukturen der ATP ist es dem Spielerrat unmöglich, Einfluss auf die wirklich wichtigen Entscheidungen zu nehmen.«

Jüngstes Beispiel für den Frust von Djokovic war die Verschiebung aller Halbfinalspiele des Vorbereitungsturniers letzte Woche. Die Japanerin Naomi Ōsaka hatte aus Protest gegen Rassismus gestreikt, woraufhin die ATP alle Partien des Tages aussetzte. »Dass der ATP-Chef erst fünf Minuten vorher entschied, keine Spiele stattfinden zu lassen, ist respektlos und falsch«, schimpfte Djokovic über Gaudenzi in einem Brief an die Spieler. Er und seine Kollegen hätten vorher gefragt werden sollen.

Wie die PTPA nun die Interessen ihrer Mitglieder von außen durchsetzen will, ist noch vollkommen unklar. Ebenso, ob sie eine Gewerkschaft ist, die zum Beispiel Mindestlöhne oder Rentenfonds aushandeln könnte. Einig ist man sich nur in der Überzeugung, dass die ATP nicht mehr im Sinne der Spieler handele, obwohl Stars wie Djokovic Millionen verdienen. Das Problem seien all jene Profis, die jenseits der ersten 50 Weltranglistenplätze stehen. Besonders in der Coronazeit hätten sie nichts verdient und keinerlei Solidarität von der ATP erfahren.

Laut Djokovic wird die Idee einer Interessenvertretung seit 30 Jahren von vielen Spielern gepflegt. »Es gibt viele Gründe, warum sie nie umgesetzt wurde, aber der wichtigste war wohl, dass die Spieler nicht vereint auftraten«, so der Serbe. Das ist diesmal jedoch nicht anders. Seine langjährigen Rivalen an der Weltspitze haben sich gegen die PTPA ausgesprochen. Der Schotte Andy Murray trat ihr nicht bei, weil sie keine gemeinsame Initiative mit den Frauen von der WTA-Tour ist. Spaniens Rafael Nadal twitterte: »In diesen Zeiten sollten wir gemeinsam in die gleiche Richtung gehen. Es ist Zeit für Einheit, nicht für Spaltung.« Roger Federer aus der Schweiz schloss sich dieser Meinung an.

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