Versteckte Arbeitskräfte

In der Debatte über autonomes Fahren geht es darum, wie sinnvoll und sicher die Technik ist. Aber wer bringt eigentlich den Autos das Fahren bei?

  • Eva Roth
  • Lesedauer: 12 Min.

Andreas Scheuer sitzt auf dem Fahrersitz eines Autos, nimmt die Hände vom Lenkrad und blickt nach hinten in die Kamera: »Zauberei? Nein, Technik. Made in Germany«, sagt der Noch-Verkehrsminister in dem Video auf der Internetseite seines Ministeriums. »Hier fährt komplett künstliche, maschinelle Intelligenz.« Autonomes Fahren - das ist für Politiker wie Scheuer ebenso wie für die Autoindustrie eine vielversprechende Zukunftstechnologie, die zusammen mit Elektroantrieben die »Mobilität von morgen« ermöglicht. Unternehmen investieren Milliarden in die Entwicklung von Software und Sensoren. Andere sind skeptisch - autonomes Fahren ist heftig umstritten. Dabei dreht sich die öffentliche Debatte fast nur um die Technologie, ihre Umsetzbarkeit, ihren Sinn, ihre Sicherheit. Was praktisch keine Rolle spielt ist die Frage: Wer bringt den Maschinen das Fahren bei? Es sind Beschäftigte, die oft für wenig Geld Fließbandarbeit verrichten und die nicht ins Bild der futuristischen Hightech passen.

Damit autonome Autos in der Spur bleiben und Busse automatisch von A nach B fahren, braucht es nämlich nicht nur ausgefeilte Technik und hochqualifizierte Entwickler. Notwendig sind auch Menschen, die Millionen von Daten erstellen und etwa Fotos aus dem Straßenverkehr beschreiben, damit die Software Zebrastreifen, Radfahrer und Verkehrsschilder erkennt. Erledigt wird diese Arbeit oft von digitalen Plattform-Arbeitskräften irgendwo auf der Welt. Kaum jemand hat sich bislang hierzulande für die Arbeitsbedingungen dieser Menschen interessiert. Zu den Ausnahmen gehören einige Beschäftigte in Autokonzernen und Gewerkschafterinnen wie Vanessa Barth.

Arbeiten im Netz

Digitale Plattformarbeit hat enorm an Bedeutung gewonnen: Im Jahr 2010 gab es weltweit 142 Plattformen, zehn Jahre später waren es 777, berichtet die Internationale Arbeitsorganisation (ILO). Wie viele Menschen auf diesen Internet-Plattformen arbeiten, ist unbekannt, es gibt nur Schätzungen. Die IG Metall geht etwa davon aus, dass in Deutschland mehrere Millionen Menschen einen signifikanten Teil ihres Einkommens über Plattform-Arbeit beziehen.

Die digitalen Arbeitskräfte übernehmen gegen ein Entgelt Aufgaben, die auf den Plattformen angeboten werden. Sie beschreiben beispielsweise Produkte von Online-Shops, gestalten Grafiken, entwickeln Software oder erstellen Trainingsdaten für autonomes Fahren. Oft arbeiten sie zu Hause an ihrem Computer, meist sind es Solo-Selbstständige, die pro erledigtem Auftrag bezahlt werden. Neben diesen reinen Online-Jobs gibt es Arbeiten, die vor Ort erbracht werden, etwa Lieferdienste. Vermittelt wird die Arbeit ebenfalls über eine Internet-Plattform oder eine App.

Die Plattformbetreiber sind häufig Intermediäre: Ein Unternehmen braucht Übersetzungen oder Trainingsdaten und vergibt den Auftrag an die Plattform-Firma. Diese zerlegt die Aufgabe häufig in kleine Mikrojobs und stellt sie auf die Webseite. Registrierte Nutzerinnen und Nutzer erledigen dann die Arbeit.

Als Crowdwork wird dies bezeichnet, wenn eine unbestimmte Menschenmenge die Aufgaben übernehmen kann, also im Prinzip alle Personen, die einen Rechner und Internetanschluss haben. Manche Plattformen beschäftigten hingegen eine mehr oder weniger feste Gruppe von Menschen.

Die Aufträge auf den großen Plattformen kommen laut ILO großteils aus Industrieländern, die Arbeitskräfte hingegen oft aus dem globalen Süden. Das Arbeitskräfteangebot habe in der Pandemie stark zugenommen, die Nachfrage nach menschlicher Arbeit sei hingegen gesunken.

Die Stundenlöhne der Erwerbstätigen, die auf Plattformen reine Online-Arbeit leisten, liegen laut Internationaler Arbeitsagentur im Schnitt um die 3,40 US-Dollar, die Hälfte der Arbeitskräfte erhalte dabei weniger als 2,10 Dollar pro Stunde. rt

Digitale Löhne

Barth befasst sich seit Langem bei der IG Metall mit digitaler Arbeit und engagiert sich für Menschen, die auf Plattformen Aufträge erledigen. Diese Internet-Plattformen werden von Unternehmen wie Clickworker betrieben. Sie nehmen Aufträge von anderen Firmen an, etwa das Beschreiben von Produkten für Onlineshops oder das Erstellen von Trainingsdaten für maschinelles Lernen. Erledigt werden die Aufgaben von digitalen Beschäftigten, die oft zu Hause an ihrem Computer arbeiten. Die Crowdworker melden sich auf der Plattform an und beschreiben beispielsweise Hosen und Hemden auf Webshops gegen ein Honorar. Die Jobs können von jedem Ort der Erde aus erledigt werden, sofern die Menschen die erforderlichen (Sprach-)Kenntnisse haben. Bei dem deutschen Unternehmen Clickworker sind nach Firmenangaben 2,8 Millionen Personen registriert, insbesondere aus Europa, Nord- und Südamerika und Asien. Die Arbeitsbedingungen der digitalen Beschäftigten sind seit Jahren in der Kritik. Sie arbeiten in der Regel als Freie auf Honorarbasis und werden häufig gering vergütet. So schätzt die IG Metall, dass ein Viertel bis die Hälfte der Crowdworker hierzulande weniger als den Mindestlohn erhält.

Die Gewerkschafterin Barth ist irgendwann darauf aufmerksam geworden, dass riesige Mengen an Trainingsdaten für autonomes Fahren notwendig sind, die von Menschen produziert werden. »Entwickler in der Autoindustrie haben sich an mich gewandt und um Hilfe gebeten: Was können wir tun, damit die Daten fair hergestellt werden? Wie können wir verhindern, dass Kinder für die Trainingsdaten arbeiten?«, sagt sie »nd - Die Woche«. Zudem berichteten ihr deutsche Plattformbetreiber, dass viele Aufträge in einem Wettlauf nach unten an Crowdworker in Südamerika oder Asien gehen.

Ein Forscher lüftet den Schleier

Um herauszufinden, wer die Daten wie erstellt, regte die IG Metall bei der Hans-Böckler-Stiftung eine Studie an. Der Wissenschaftler Florian Alexander Schmidt von der HTW Dresden übernahm die Recherche und legte 2019 die erste Branchenanalyse des globalen Marktes für Trainingsdaten für autonomes Fahren vor. Sie gibt Einblicke in die bis heute weitgehend unbekannte Datenproduktion und in die Arbeitsbedingungen der Menschen.

Der Professors für Designkonzeption und Medientheorie, der seit 2006 die Mechanismen digitaler Plattformen erforscht, hat für die Studie fünf Interviews mit Crowdworkern und sechs Gespräche mit Chefs von Plattformbetreibern geführt, die Daten für die Autoindustrie erstellen. Die Menschen, die auf den Internet-Plattformen arbeiten, »annotieren« Bilder aus dem Straßenverkehr, wie es im Fachjargon heißt: Sie versehen sie mit Anmerkungen, markieren Objekte auf den Bildern, teils grob, teils werden die Fotos pixelgenau ausgewertet. Bei der semantischen Segmentation geht es darum, alle Objekte auf einem Bild zu markieren, Umrisslinien um Verkehrsteilnehmerinnen und Fahrzeuge zu zeichnen und diese bestimmten Objektklassen zuzuweisen, damit die Maschinen einen Fußgänger als Fußgänger erkennen. »Dies muss vollflächig, lückenlos, pixelgenau und millionenfach geschehen«, schreibt Schmidt.

Für die vollständige Segmentierung eines Bildes brauche ein einzelner Mensch ohne Softwareunterstützung etwa 60 bis 90 Minuten. Die Firmen versuchen, den Prozess zu rationalisieren, indem sie Algorithmen einsetzen - und indem sie die menschliche Arbeit zerlegen: Einzelne Beschäftigte sollen beispielsweise auf den Straßenbildern nur noch bestimmte Objekte - etwa Lkw - markieren. Das beschleunigt die Arbeit und macht sie monotoner. Gleichzeitig wird höchste Präzision verlangt. Schließlich sollen autonome Fahrzeuge auch bei Nacht und Nebel Straßenmarkierungen und Schilder erkennen und keine Unfälle verursachen. Sicherheit ist zentral für die Akzeptanz dieser Technik.

Die Massenproduktion von Daten kann im Prinzip an jedem beliebigen Ort der Erde erledigt werden. Oft arbeiten die Menschen zu Hause, als technische Voraussetzung sind lediglich ein Rechner und ein Internetzugang nötig. Weltweit konkurrieren damit Arbeitskräfte um Aufträge, der Druck auf die Entlohnung ist entsprechend groß. Ende 2018 arbeiteten sehr viele Menschen aus Venezuela auf den Internet-Plattformen, die von Unternehmen wie Hive betrieben werden. Sie bildeten »inzwischen den Großteil unserer Arbeiterschaft«, wird der Hive-Chef, Kevin Guo, in der Studie zitiert. Damals herrschte in dem Land eine Hyperinflation, durch Plattformjobs konnten die Menschen ein paar US-Dollar verdienen - Devisen, die nicht in kürzester Zeit ihren Wert verlieren. Andere der untersuchten Plattformen wurden von vielen Menschen aus Indien und den Philippinen angesteuert, dies lasse sich über die Alexa-Webtraffic-Analyse nachvollziehen, so Schmidt. Das Tochterunternehmen von Amazon sammelt Daten über Seitenabrufe von Websites.

Auf den in der Studie berücksichtigten Plattformen für Trainingsdaten lagen die Einkommen der »erfolgreichsten« Arbeitskräfte nach Angaben der Firmenchefs und der Beschäftigten bei einem bis zwei US-Dollar pro Stunde. »Da es sich hier nur um die Topverdiener handelt, muss das Durchschnittseinkommen noch deutlich niedriger sein«, schreibt Schmidt. Die Crowdworker berichteten auch, dass die Vergütung pro Aufgabe gesunken sei, und vermuteten, dass dies mit einem Überangebot an Arbeitskräften zusammenhänge.

Unternehmen mauern

»Die Branche verändert sich rasant«, sagt die Gewerkschafterin Barth heute. »Doch nach wie vor gibt es einen Riesenbedarf an Trainingsdaten - und zu wenige Plattformen, die halbwegs vernünftige Arbeitsbedingungen bieten.« Das mag ein Grund dafür sein, warum die Firmen die Öffentlichkeit scheuen. Seine Analyse sei erschwert worden, weil gerade ältere Crowdsourcing-Plattformen, die in der Vergangenheit wegen der Arbeitsbedingungen in der Kritik standen, alles andere als auskunftsfreudig bei diesem Thema seien, schreibt Schmidt in seiner Studie. Auch Autofirmen ließen sich bei ihrer Outsourcing-Praxis nicht in die Karten blicken. »Zahlreiche Interviewanfragen liefen so leider ins Leere.«

Seit Schmidts Analyse sind Firmen eher verschlossener geworden, auch solche, die sich ihrer sozialen Verantwortung rühmen. So schreibt das deutsche Unternehmen understand.ai auf seiner Internetseite: »Wir arbeiten mit einem zuverlässigen und sozial verantwortlichen Labelingpartner zusammen.« Weitere Fragen beantwortet understand.ai nicht. Auf eine nd-Anfrage teilte das Unternehmen im Juni mit: »Aktuell führen wir leider keine Interviews mit der Presse.« Eine weitere Anfrage Ende August ließ die Firma, die 2019 von D-Space übernommen wurde, unbeantwortet.

Die US-Firma Sama gilt Insidern der Autobranche zufolge als eine der guten Firmen, die Daten für die Autoindustrie erstellt. Sie verschweigt wenigstens nicht, wo sie die Arbeit verrichten lässt: In »Entwicklungsländern«, etwa in Kenia. Sama zahle existenzsichernde Löhne und habe über 50 000 Menschen dabei geholfen, die Armut zu überwinden, lobt sich das Unternehmen. Genaueres wollte Sama dem »nd« nicht sagen, auf zwei Anfragen kam keine Reaktion.

1,30 Euro pro Stunde

In einer Studie des Massachusetts Institute of Technology wurden wir dann fündig. Die Forschenden haben die Kurztrainings und Jobangebote von Sama in Kenias Hauptstadt Nairobi betrachtet. Darin finden sich eine Angabe zur Vergütung in dem Sama-Zentrum in Nairobi, wo Berufsanfänger digitale Jobs wie das Annotieren von Bildern erledigen. Demnach beträgt das Monatsgehalt bei einer Vollzeitstelle und einem Neun-Stunden-Tag im Durchschnitt 301 US-Dollar. Pro Stunde sind das umgerechnet rund 1,30 Euro. Die Vergütung sei großzügig, loben die Forschenden, sie liege um das 2,5-Fache über dem Mindestlohn in Kenia.

In Indien arbeiten Insidern zufolge ebenfalls weiterhin Datenproduzenten für die Autoindustrie. Auch dort ist das Lohnniveau teils sehr niedrig. Die Mindestlöhne lagen laut Internationaler Arbeitsagentur (ILO) zuletzt bei umgerechnet rund 1,30 bis 13,70 Euro - pro Tag.

Für Menschen im globalen Süden kann Plattform-Arbeit eine Möglichkeit sein, überhaupt oder zusätzlich zu anderen Jobs Einkünfte zu erzielen. Für Autokonzerne in Industrieländern bedeutet dies umgekehrt: Sie erhalten die Dienstleistung zu einem sehr geringen Preis, weil die Arbeitskosten dort eben viel niedriger sind als in Europa und den USA.

Unsichtbare Beschäftigte

Auch in anderen Branchen arbeiten Beschäftigte im globalen Süden für wenig Geld für Konzerne in Industrieländern - offline in Textilfabriken, online in Callcentern. Beim autonomen Fahren spielen diese Menschen in der öffentlichen Debatte hierzulande bislang praktisch keine Rolle. Unternehmen haben kein Interesse daran. Digitale Fließbandarbeit und billige Massenproduktion von Daten - das passt nicht ins Image der modernen Zukunftstechnologie. Kritiker blicken wiederum eher auf Sicherheit und Sinn der Technik.

Die Arbeitskräfte werden auch von manchen Plattformen möglichst versteckt, sagt die Gewerkschafterin Barth. »Ihre Strategie ist es, bei den Kundenunternehmen nicht zu erwähnen, dass Crowdworker die Trainingsdatensätze erstellen, denn Crowdwork hat einen schlechten Ruf.«

Digitale Arbeit lässt sich dabei besonders leicht verbergen. Der Rohstoff für autonomes Fahren wird nicht in einer bestimmten Mine abgebaut, zu der man reisen kann, um mit den Menschen zu sprechen. Die Arbeitskräfte können vielmehr zu Hause oder in einem Büro am Rechner sitzen, gestern in Venezuela, heute in Kenia, morgen in Pakistan.

Die Reaktionen der deutschen Autokonzerne

Alle großen deutschen Automobilunternehmen seien im Bereich autonomes Fahren aktiv, heißt es beim Verband der Automobilindustrie. Zu den führenden Konzernen gehörten zuletzt Volkswagen, Daimler und Bosch, so das Marktforschungsunternehmen Guidehouse Insights. Die drei Unternehmen haben relativ ausführlich auf unsere Anfrage reagiert und dabei deutlich gemacht, worüber sie öffentlich sprechen und worüber nicht.

Daimler gab konkret Auskunft über die Technik und listete auf, welche Sensoren und Kameras der Konzern für automatisierte Fahrsysteme nutzt.

Die Fragen nach den Arbeitsbedingungen bei der Datenerstellung beantwortete die Pressestelle hingegen lediglich allgemein und verwies auf die Standards, die generell für Lieferanten und Dienstleister gelten. Ähnlich antworteten Bosch und die Volkswagen-Tochter Cariad, wobei Letztere etwas genauer wurde: Der Volkswagen-Konzern verfüge über einen »Code of Conduct für Geschäftspartner«, der für alle direkten Lieferanten verpflichtend sei, schrieb die Pressestelle und mailte den Passus zur Vergütung. Demnach müssen die Vergütungen »mindestens dem rechtlich gültigen und zu garantierenden Minimum« entsprechen. »Sollten gesetzliche oder tarifvertragliche Regelungen nicht vorliegen, orientieren sie sich an den branchenspezifischen, ortsüblichen Vergütungen, die den Beschäftigten und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard sichern.«

Bosch haben wir auch gefragt, welche Daten das Unternehmen von Sama bezieht oder bezogen hat. Denn Sama hat im Juli auf seiner Internetseite mit dem Bosch-Logo geworben. Doch die Bosch-Pressestelle wollte »mögliche oder bestehende Lieferantenbeziehungen« nicht kommentieren. Stattdessen war im September das Bosch-Logo von der Sama-Seite verschwunden.

Cariad ließ wenigstens keinen Zweifel daran, dass viel menschliche Arbeit für die Technologie nötig ist: »Neben dem Annotieren erfordert auch die Qualitätssicherung einen großen manuellen Aufwand«, so die Pressestelle. Annotierte Daten wie Straßenbilder spielten eine große Rolle beim Trainieren von Machine-Learnig-Funktionen und dem Testen von Modulen und dem Gesamtsystem.

Beispiele für Länder, in denen die Arbeitskräfte leben, nannte keine der drei Pressestellen.

Das Dilemma der Betriebsräte

Für Betriebsräte in den Automobilunternehmen sei es schwierig bis unmöglich, sich für die externen Beschäftigten einzusetzen, sagt Barth. Oft wüssten sie gar nicht, an wen das Erstellen von Trainingsdaten vergeben wurde. Zwar hätten Betriebsräte in einigen Unternehmen das Recht, alle Vergaben einzusehen. »Aber das sind insgesamt sehr, sehr viele.« Die Belegschaftsvertreter könnten unmöglich alle prüfen. Manche Betriebsräte hätten zudem die digitale Datenarbeit noch gar nicht auf dem Radar.

Die IG Metall fordert von den Kundenunternehmen in der Automobilindustrie, bei der Auftragsvergabe auf die Arbeitsbedingungen zu achten und beispielsweise auf eine existenzsichernde Bezahlung zu bestehen und darauf, dass es ein Konfliktmanagement gibt. Sie sollen sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattformen anschauen, die für die Freelancer die Basis für ihre Arbeit ist, ähnlich wie für Festangestellte der Arbeitsvertrag.

Auch einzelne Führungskräfte in der Autoindustrie arbeiten Branchenkreisen zufolge an Konzepten, wie die Datenproduktion fairer gestaltet werden kann und wie mehr Tätigkeiten auch hierzulande erledigt werden können. Ein Element ist dabei, die Effizienz zu erhöhen. Eine spruchreife Lösung gibt es dabei noch nicht.

Auto fahren und Daten sammeln

Was bei der Datenproduktion bereits geschieht ist klassische Automatisierung: Aufgaben werden von Software statt von Menschen erledigt. Auch eine andere, in der Digitalwirtschaft beliebte Methode wird eingesetzt: Nutzerinnen und Nutzer werden für die Datenproduktion eingespannt, in diesem Fall sind es Autofahrende. Beispielsweise erklärte Bosch in einer Pressemitteilung vom Juli, die »Schwarmintelligenz für das automatisierte Fahren« nutzen zu wollen. Gemeint sind Golf-8-Fahrer: Sensoren an den Autos sammeln während der Fahrt Informationen, etwa zu Verkehrsschildern, Leitplanken, Bordsteinen. Die Daten fließen über eine VW-Cloud in die Bosch-Cloud. Daraus werden Karten erstellt, mit denen sich automatisierte Autos zurechtfinden.

Dennoch werden Branchenkennern zufolge weiterhin digitale Arbeitskräfte nötig sein, um den Maschinen das sichere Fahren beizubringen. In der Autobranche herrsche ebenso wie unter den Datenproduzenten ein harter Wettbewerb, der Preisdruck sei enorm, schrieb Schmidt 2019. Um die vielbeschworene Zukunftstechnologie autonomes Fahren dennoch voranzutreiben, sind Crowdworker ausgebeutet worden, das zeigt Schmidts Analyse. Bis heute sind die Menschen weitgehend im Dunkeln. Derweil geht die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen und »komplett künstlicher, maschineller Intelligenz«, von der Scheuer schwärmte, weiter.

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