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Kein Plan zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage
Der iranische Staatspräsident reagiert auf Proteste in der Bevölkerung mit Revolutionsrhetorik
Drei Jahre hatte man gewartet, dann fiel die Entscheidung schnell: Ein iranisches Gericht verurteilte den Boxer Mohammad Dschawad zum Tode. Sein Vergehen: Er hatte 2018 an einem Protest gegen die Führung teilgenommen, soll dabei mehrere Gebäude, darunter ein Gefängnis, beschädigt haben. Außerdem soll der 26-Jährige den Volksmudschahedin angehören, einer im Iran verbotenen Gruppe.
Es ist ein Urteil, das an lange zurückliegende Zeiten erinnert: In den 1980er Jahren wurden Tausende davon in Schnellverfahren verhängt, mit meist fadenscheinigen Vorwürfen und unter Folter erpressten Geständnissen. Ein Mann, der dabei damals eine elementare Rolle spielte: Ebrahim Raisi, damals Richter, der für gut 5000 Todesurteile verantwortlich gemacht wird. Seit etwas mehr als sechs Monaten ist der heute 61-Jährige nun Präsident des Iran, gewählt mit 72,35 Prozent der Wählerstimmen. Doch was wie eine beeindruckende Zustimmung scheint, entspricht wegen der geringen Wahlbeteiligung tatsächlich nur 35 Prozent aller Wahlberechtigten.
Und so verstehen vor allem junge, gebildete, nach Westen offene Iraner*innen das Todesurteil gegen Mohammad Dschawad in sozialen Netzwerken als Warnung vor weiteren Protesten: »Ich habe Angst, dass das auch mir oder meinen Freunden passieren könnte«, schreibt eine Person in einer Privatnachricht. Sie wünsche sich mehr persönliche Freiheit, eine bessere wirtschaftliche und soziale Lage, sei auch immer wieder bei Protesten dabei gewesen, »in meinem Umfeld gehört es dazu, politisch aktiv zu sein, über die Zukunft des Landes nachzudenken. Aber jetzt überlegen wir, ob wir dafür auch den Tod in Kauf nehmen wollen.«
Doch nicht nur bei Unterstützer*innen demokratischer Reformen gäbe es viel Grund für Proteste. Auch in den Dörfern und Kleinstädten steigt der Druck, denn die wirtschaftliche und damit auch die soziale Lage ist extrem schlecht. 30 Millionen der rund 84 Millionen Iraner*innen lebten 2021 unter der Armutsgrenze. Hinzu kommt eine akute Wasserknappheit in der südwestlichen, überwiegend von Araber*innen besiedelten Grenzregion zum Irak.
Raisi, der mit dem Versprechen angetreten war, alles besser machen zu wollen, ohne auch nur einen einzigen Vorschlag dafür vorzulegen, steht dem Ganzen ziemlich hilflos gegenüber und hält stattdessen Reden, in denen er die »Rückkehr von islamischen Werten« und eine »Stärkung der islamischen Revolution« fordert. Dafür kann er sich der Unterstützung von Revolutionsgarden und des Obersten Führers, Ajatollah Ali Khamenei, sicher sein, die sein Vorgänger, der Reformer Hassan Ruhani, nicht hatte.
Die Schuld an der wirtschaftlichen Lage schiebt Raisi derweil dem Westen zu: Die Sanktionen ließen keinen Handlungsspielraum, sagte er am Rande eines Treffens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bei den Gesprächen sollte es um das iranische Atomprogramm gehen, aber auch um wirtschaftliche Unterstützung und Hilfe bei der Beendigung der Sanktionen. Doch die Gespräche über das Atomprogramm verlaufen stockend, und die Personalie Raisi, der wegen seiner Todesurteile auf internationalen Sanktionslisten steht, ist dabei nicht hilfreich. »Wir haben beachtliche Fortschritte erzielt«, sagte der iranische Außenamtssprecher Said Khatibsadeh am Montag. Doch vor allem in den USA sieht man das anders: Es sei noch ein weiter Weg, bis die Sanktionen aufgehoben werden könnten, so Jen Psaki, Sprecherin des Weißen Hauses.
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