Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Noriega will in Berufung gehen

Ex-General fühlt sich von USA-Compagnons im Stich gelassen

  • Lesedauer: 3 Min.

VON LEO BURGHARDT, Havanna

Manuel Antonio Noriega, Häftling Nr. 41586 in der Haftanstalt MCC in Miami, hat offensichtlich keine Lust, bis zum Jahre 2001 auf einen eventuellen Gnadenerlaß zu warten. Dann hätte er ein Viertel seiner 40jährigen Strafe verbüßt. Vorher gibt's keine Chance auf vorzeitige Entlassung oder Strafminderung - wenn es ihm nicht gelingt, eine höhere juristische Instanz als die, die ihn verurteilt hat, zu überzeugen, daß es rechtens wäre, in die Berufung zu gehen.

Der Ex-General, dessen Schurkenstreiche den USA-Streitkräften im Dezember 1989 den Vorwand lieferten, um über Panama herzufallen, 2 000 oder 3 000 (das ist nie genau geklärt worden) Zivilisten zu töten und eben diesen Herrn zu kidnappen, hat sich bisher relativ ruhig verhalten. Was er im Prozeß aussagte, tat niemandem sonderlich weh. Im Gegenzug erkannte ihm das Gericht den Kriegsgefangenenstatus zu, so daß er zwei einigermaßen bequeme Zellen bewohnen darf, in denen ihm Produkte der Unterhaltungs-

und Computerindustrie die gröbste Langeweile zu vertreiben helfen.

Wahrscheinlich hatte Noriega gehofft, daß ihn seine langjährigen Compagnons nicht im Stich und Gnade vor Recht ergehen lassen würden, wenn erst ein bißchen Gras über das Spektakel gewachsen ist. Inzwischen aber sind fast fünf Jahre verstrichen, ohne daß sich die Compagnons gerührt hätten.

Darum hat sich Häftling Noriega jetzt entschlossen, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Verurteilt wurde er bekanntlich wegen illegalen Drogenhandels und Waschens schmutzigen Geldes: An die 23 Millionen Dollar hatten die Fahnder auf verschiedenen verdeckten Konten ausbaldowert. So große Rücklagen, schlußfolgerten damals die Gesetzeshüter für die Öffentlichkeit, könnten unmöglich allein aus Zahlungen der CIA und der US-Drogenbehörde DEA an ihren Spitzenagenten herrühren.

Noriega behauptet nun, daß das durchaus möglich war. Denn erstens habe er nicht nur - wie bis dato immer dargestellt - ein halbes Jahrzehnt für die beiden USA-Behörden

gearbeitet, sondern angeblich 20 Jahre. Und zweitens, das ist neu, sei er auch gegen entsprechende Löhnung für die Spionageabteilung der USamerikanischen Streitkräfte tätig gewesen, beispielsweise als eines ihrer Bindeglieder zu den nikaraguanischen Contras und als Berater der salvadorianischen Armee. Und die Sicherheitsgarantie für den Schah von Persien, der Anfang der 80er Jahre nach seinem Sturz und einigen Irrfahrten auf der panamaischen Pazifikinsel Contadora untergekommen war, habe „man“ sich ebenfalls einiges kosten lassen: 2 Millionen nämlich.

Das alles - sagt Noriega habe irgendwer während seines Prozesses vom Tisch gewischt und auch jetzt, in der Berufungsschrift, seien drei lange Abschnitte mit schwarzer Tinte unleserlich gemacht worden. Ende Dezember/Anfang Januar wird Häftling Nr. 41 586 erfahren, ob man seiner Berufung stattgibt oder nicht.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -