Wohin mit den Castoren?

Unklar, ob Atommüll nicht weiter in Gorleben zwischengelagert wird

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Teil des Konsenses in der Endlagerfrage soll sein, dass in Gorleben nicht noch mehr Atommüll zwischengelagert wird. Doch dies ist gar nicht so einfach in die Tat umzusetzen.

Dieses Zugeständnis konnte das Land Niedersachsen Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) vor zwei Wochen abtrotzen: Künftige Castor-Transporte sollen nicht mehr das Wendland ansteuern, um dem Eindruck einer Vorfestlegung Gorlebens als Endlagerstandort entgegenzutreten. Im Gegenzug verzichteten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) auf die Einlösung eines Wahlversprechens: den Vorab-Ausschluss Gorlebens aus dem Suchverfahren.

Noch gut 20 Castoren mit hoch radioaktiven Abfällen sollen 2015 und 2016 aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich und Großbritannien nach Deutschland zurückgebracht werden. Die Bundesrepublik hat sich vertraglich dazu verpflichtet. Als mögliche Alternative zu Gorleben kommen die Zwischenlager an den AKW-Standorten in Frage. Lässt man das mit Atommüll reichlich belastete Niedersachsen außen vor, blieben theoretisch Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Für die beiden letztgenannten Länder spräche das Argument, die Anlieferungswege möglichst kurz zu halten - vom französischen La Hague kommen die Castoren mit der Bahn, vom britischen Sellafield per Schiff.

Während die unionsgeführten Länder Bayern und Hessen bereits abwinkten, zeigten sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (beide Grüne) »grundsätzlich offen« für die Aufnahme des Nuklearschrotts in den Zwischenlagern der AKW Neckarwestheim oder Philippsburg (Baden-Württemberg) bzw. Brunsbüttel (Schleswig-Holstein).

Damit stoßen sie allerdings auf heftigen Gegenwind. Der Chef der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Peter Hauk, lehnt dies kategorisch ab. Man habe mit Gorleben einen eigens zu diesem Zweck eingerichteten Ort. Ziel sei es, die Gefahren zu minimieren, die von einem Atommülllager ausgingen. Das gelinge am besten mit einem sicheren Standort anstatt vieler Zwischenlager. In Kiel erntete Minister Habeck Kritik von der Gewerkschaft der Polizei und von Innenminister Andreas Breitner (SPD). Die Landespolizei könne den Schutz eines Transports mit Gorleben-Dimension mit ihrem derzeitigen Personalbestand nicht gewährleisten, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Auch bei den AKW-Gegnern der Initiative »Brokdorf akut« beißt Habeck auf Granit. »Bis zur Stilllegung aller AKW in Deutschland werden wir uns gegen jeden Versuch wehren, unsere Region oder andere mit noch mehr Atommüll zu belasten«, sagt Sprecher Karsten Hinrichsen. Er verweist noch auf einen anderen Aspekt: »Die atomaren Standortzwischenlager haben gar keine Genehmigung, um Atommüll aus der Wiederaufbereitung aufzunehmen.« Tatsächlich dürfen dort nur abgebrannte Brennstäbe aus dem eigenen Meiler gelagert werden.

Abfall aus der Wiederaufarbeitung darf bislang nur nach Gorleben, bestätigt die Gesellschaft für Nuklearservice, die dort das Zwischenlager betreibt: »Sollte tatsächlich für einen alternativen Standort ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden, wären langfristig geplante und völkerrechtlich vereinbarte Rückführungszeiträume nicht einzuhalten.« Einen solchen Antrag könne nur der jeweilige AKW-Betreiber stellen.

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