Vom Flirt zur Koalition

LINKE und SPD turteln in Thüringen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Wird Bodo Ramelow in Thüringen der erste Ministerpräsidenten der LINKEN? Derzeit deutet einiges daraufhin. Selbst die Bundes-SPD würde das Experiment wohl nicht verhindern.

Mehr als ein Flirt ist es momentan noch nicht: Die beiden Spitzenkandidaten von Linkspartei und SPD, Bodo Ramelow und Heike Taubert, ließen sich in der vergangenen Woche für einen Interviewtermin gemeinsam abbilden. Der Fotograf des Magazins »Super Illu« hatte die beiden passenderweise auf roten Ledersesseln platziert. Geradezu folgerichtig dann die Schlagzeile: »Hier flirtet die Linkspartei mit der SPD.« Im dazugehörigen Interview hielten sich die Koalitionäre in spe mit Komplimenten füreinander zwar zurück, aber unüberbrückbare Differenzen scheint es nicht zu geben. Es gebe »im Detail« Unterschiede, so Taubert, etwa »in der Bildungspolitik oder bei verantwortungsvoller Haushaltspolitik«, doch im Großen und Ganzen zeigte sich die derzeitige Landessozialministerin den Avancen Ramelows nicht abgeneigt.

Bodo und Heike: das rot-rote Traumpaar. Doch bevor die beiden koalieren können, müssen einige eifersüchtige Familienangehörige besänftigt werden. Insbesondere bei der SPD gibt es Vorbehalte gegen den Bräutigam und seine Partei. Einige Sozialdemokraten, unter ihnen die Mitbegründer der Ost-SDP Gunter Weißgerber und Stephan Hilsberg, unterzeichneten jüngst einen »Appell an die SPD-Führung in Thüringen«, der in der paranoiden Warnung gipfelt, die SPD dürfe als Juniorpartner der LINKEN nicht dabei mithelfen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen.

Thüringen

Christine Lieberknecht (CDU) wurde im Oktober 2009 zur Ministerpräsidentin gekürt und führt seitdem eine schwarz-rote Koalition im Freistaat. Doch in letzter Zeit kracht es immer häufiger zwischen CDU und SPD. So liebäugeln viele Sozialdemokraten mit der LINKEN. Laut aktuellen Umfragen stünde dem Wechsel - zumindest rein rechnerisch - nichts im Weg.

Die CDU wäre mit rund 36 Prozent zwar wieder stärkste Kraft, doch kommen auch LINKE (27 bis 28 Prozent) und SPD (19 Prozent) zusammen auf die erforderliche Mehrheit. Die Grünen wären mit sechs Prozent ebenfalls im Erfurter Landtag vertreten. Deutlich knapper wird es bei der rechtspopulistischen AfD. Die MDR-Prognose sieht sie derzeit bei vier Prozent. Damit würde die selbst ernannte Alternative den Einzug ins Parlament verpassen. fal

 

 

Da schwingen offenbar Minderwertigkeitskomplexe mit. Denn Ramelow würde, da sind die Demoskopen einig, die stärkere Partei in die Verhandlungen führen. Somit könnte er, der gebürtige Niedersachse, der erste Ministerpräsident der LINKEN werden. Das hätte er auch schon 2009 werden können: Die CDU war als stärkste Kraft auf einen Koalitionspartner angewiesen. Ebenso wie die zweitplatzierte LINKE. Schwarz-Rot oder Rot-Rot? Die SPD fand sich in der Rolle der Königsmacherin wieder. Doch einem Bodo Ramelow wollte man dann doch nicht auf den Thron verhelfen. Selbst als der ehemalige Gewerkschafter seinen Verzicht auf das Regierungsamt erklärte, blieb man in der SPD skeptisch und entschied sich für die Union.

Doch diesmal könnte es klappen. Taubert hatte bereits im März erklärt, sie stehe Rot-Rot offen gegenüber. Die Bundespartei will dem jungen Glück nicht im Wege stehen: »Da ist der Landesverband völlig autonom«, betonte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi gegenüber dem »Spiegel«. Auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel betonte die Unabhängigkeit der Thüringer in dieser Frage.

Bodo Ramelow gibt sich derweil moderat und läuft sich warm für seine mögliche Rolle als Ministerpräsident. Die Partei wiederum stellt ihren Kandidaten in den Mittelpunkt ihrer Kampagne. Am Montag eröffnete Ramelow in Erfurt den Wahlkampf und enthüllte dabei ein Plakat, das ihn selbst zeigt: »Es muss nicht alles anders werden, aber wir können vieles besser machen«, steht da zu lesen. So nimmt man den skeptischen Wählern die Angst und dämpft die Erwartungen der anderen. Die LINKE in Thüringen setzt zudem thematische Schwerpunkte: »Wirtschaft, Solidarität, Bildung, Frauen und Sicherheit«, so die Landesvorsitzende Susanne Hennig-Wellsow am Montag.

Weil sich nach fast 25-jähriger CDU-Herrschaft im Freistaat so etwas wie Wechselstimmung breit macht, könnte es am 14. September wirklich klappen mit Heike und Bodo.

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