Hooligans dürfen aufmarschieren

Gericht erlaubt Versammlung in Hannover – Landtag protestiert dagegen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Der in Hannover befürchtete Hooligan-Aufmarsch darf stattfinden. Das Verwaltungsgericht hat das polizeiliche Verbot der Demonstration gekippt. Die Polizei verzichtet auf Rechtsmittel gegen diese Entscheidung.

Niedersachsens Landeshauptstadt bleibt am Samstag nicht, wie erhofft, vom Auftritt zahlreicher gewaltbereiter Hooligans und Rechtsradikaler verschont. Das vollständige Verbot der Aktion »Europa gegen den Terror des Islamismus« sei unverhältnismäßig, beschied das Verwaltungsgericht am Donnerstag. Es hat den Aufmarsch, der von der Polizei verboten worden war, auf Antrag der Veranstalter zugelassen. Allerdings dürfen die Teilnehmer nicht, wie geplant, durch die Stadt ziehen. Sie müssen sich auf eine »stationäre Versammlung« beschränken und dazu auf einem Areal hinter dem Hauptbahnhof bleiben.

Es ist der ehemalige zentrale Omnibusbahnhof. Brisant: In seiner unmittelbaren Nähe leben sudanesische Flüchtlinge in einem aus Zelten und Iglus gebildeten Camp. Mit ihm protestieren sie gegen die herrschende Flüchtlingspolitik. Die Campbewohner werden von Unterstützern für die Dauer der Hooligan-Demo an einem anderen Ort untergebracht.

Unfriedlich drohe die Veranstaltung zu werden, so hatte die Polizei ihr Verbot begründet. Der Anmelder und Leiter der Aktion sei den »Hooligans gegen Salafismus« zuzurechnen. Tatsachen deuteten darauf hin, »dass es zu schweren Ausschreitungen mit Körperverletzungen und Sachbeschädigung« kommen werde. Wie bei den Krawallen in Köln, wo Ende Oktober mehrere Tausend Hooligans und Neonazis getobt hatten.

Das Verwaltungsgericht hat gegen die Polizei entschieden und argumentiert: Die Aktion genieße die vom Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit. Mit ihrem Motto »Europa gegen den Terror des Islamismus« sei die Demonstration »ersichtlich auf Meinungskundgabe gerichtet und nicht auf die Ausübung von Gewalt«. Auch Hooligans dürften »als Einzelpersonen oder als Gruppe am gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess teilnehmen«.

Gefahr für die öffentliche Sicherheit befürchtet auch das Gericht, sofern die Hooligans durch die Stadt ziehen würden. Deshalb werde nur eine stationäre Versammlung genehmigt – und zwar an einem Ort, an dem Provokationen durch »meinungsgegnerische Kräfte« weitgehend ausgeschlossen seien.

Diese »Kräfte« bereiten sich auf Gegenkundgebungen vor. Mit dabei: alle Fraktionen des Landtages. Einmütig haben sie die Bevölkerung aufgerufen, zusammen mit ihnen am Samstag um 11 Uhr am Steintor, einem zentralen Platz der Stadt, gegen den Hooligan-Aufmarsch zu demonstrieren. Auch der DGB hat dorthin eingeladen, weitere Aufrufe zum Protest gibt es von den LINKEN, dem Bündnis gegen Rechts und anderen antifaschistischen Gruppen.

Ob Hooligan-Demos auch künftig von Gerichten gestattet werden, dürfte wesentlich von einer anstehenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) abhängen: Im Zusammenhang mit einem aktuellen Prozess um mutmaßlich rechtsextreme Fußball-Hooligans will das BGH grundsätzlich klären, ob feste Gruppen von Hooligans strafbare kriminelle Vereinigungen darstellen können.

Wie die Polizeidirektion am Donnerstag erklärte, verzichtet sie auf Rechtsmittel gegen den Spruch des Verwaltungsgerichts. Es sei nicht zu erwarten, dass eine Beschwerde bei der nächsthöheren Instanz doch noch zu einem Versammlungsverbot führen werde. Sie bereite sich auf einen »sehr großen Einsatz« vor, teilt die Polizei mit. Den Teilnehmern des Aufmarsches hat sie – das ließ ihr das Gericht frei – Auflagen erteilt: Bei der Demo herrscht Alkoholverbot, auch dürfen keine Flaschen oder andere Gegenstände aus Glas mitgeführt werden.

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