Mahnwachen für toten Asylbewerber aus Dresden

Polizei gerät verstärkt unter Druck / Jan Korte (LINKE) sieht Aufklärungsbedarf

  • Lesedauer: 3 Min.
Der Tod eins 20-jährigen Asylbewerbers aus Afrika in Dresden wirft viele Fragen auf. Initiativen in mehreren deutschen Städten haben für das Wochenende Mahnwachen organisiert. Sie fordern eine lückenlose Aufklärung.

Dresden. Nach dem ungeklärten Tod eines Dresdner Asylbewerbers wächst der Druck auf die Polizei. In mehreren Städten haben Initiativen Mahnwachen und Gedenkveranstaltungen angekündigt. Zu einer antirassistischen Demonstration unter dem Motto »Rights and Safety for Refugees - In Memory of Khaled« wird für Samstag in Dresden aufgerufen. Der 20-jährige Asylbewerber war am Dienstag in Dresden tot aufgefunden worden. Eine Obduktion ergab, dass er durch mehrere Messerstiche starb. Zudem erlitt der junge Mann aus Eritrea eine Schlüsselbeinfraktur.

»Bei diesem Vorfall kann ein rassistisches Tatmotiv derzeit nicht ausgeschlossen werden«, erklärte die Initiative »remembering khaled« am Freitag in Dresden. Sie fordert »eine lückenlose Aufklärung der Tat und eine gerechte Bestrafung der Verantwortlichen«.

Info
Die Demonstration in Dresden ist am Samstag, 17. Januar, 15 Uhr, am Albertplatz geplant. In Leipzig findet am Sonntag, 18. Januar, 15.30 Uhr eine Mahnwache am Markt in Leipzig statt. Die Gedenkveranstaltungen in Potsdam und Berlin finden am Sonntag, 18. Januar, jeweils 14 Uhr statt. Potsdam, Start Luisenplatz, unter dem Motto: »Rassismus tötet« und Berlin, Start Herrmannplatz unter dem Motto: »In Gedenken an Khaled Idris Bahray - Gegen den rassistischen Normalzustand!«   Die Kirchgemeinde Dresden-Leubnitz-Neuostra bietet am Sonntag, 18. Januar, 16 Uhr, in der Leubnitzer Kirche (Altleubnitz/Nähe Klosterteichplatz) die Möglichkeit an, um Trauer Ausdruck zu geben und zu einem Friedensgebet zusammenkommen. epd/nd

In Leipzig ist am Sonntag eine Mahnwache für den Ostafrikaner geplant. Die studentische Initiative »Legida? Läuft nicht!« zeigte sich »tief erschüttert« über den mutmaßlichen Totschlag. »Angesichts sich häufender rassistischer Vorfälle in Sachsen« ruft die Initiative zu einer Mahnwache auf. Sie wolle ein Forum schaffen, in dem Menschen gemeinsam ihre Trauer und Wut über den Tod des Afrikaners zum Ausdruck bringen können.

In der evangelisch-lutherischen Kirche im Dresdner Stadtteil Leubniz-Neuostra wollen Christen mit einem Friedensgebet an den jungen Afrikaner erinnern. Die Kirchgemeinde biete »die Möglichkeit an, um Trauer Ausdruck zu geben«, hieß es. Auch in Potsdam und Berlin gibt es Gedenkveranstaltungen für den toten Flüchtling.

Inzwischen nennt der Rechtsanwalt und Nebenklage-Vertreter im Münchener NSU-Prozess, Mehmet Daimagüler, die Arbeit der Dresdner Ermittler eine »unglaubliche Schlamperei«. Der Onlineausgabe der »Berliner Zeitung« sagte er am Freitag, das dies auch personelle Konsequenzen haben müsse.

Daimagüler stellt sich nach seinen Worten »die Frage, ob es die gleiche Schlamperei gegeben hätte, wenn das Opfer ein Normalbürger gewesen wäre«. Aus seiner Erfahrung mit den NSU-Vorgängen wisse er, dass ein migrantisches Opfer im Zweifel erst mal kein Opfer sein dürfe. Die Aufklärung sei nun erheblich erschwert, weil die Spurensicherung nicht mehr ordnungsgemäß möglich sei.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, sieht Aufklärungsbedarf: »Es ist zu klären, warum zunächst gesagt worden ist, dass es sich nicht um ein Gewaltdelikt handelt.« Dies werfe viele Fragen auf.

Bereits am Vortag hatte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck Strafanzeige gegen die Dresdner Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaft gestellt. Der Afrikaner war am Dienstag tot im Innenhof einer Dresdner Plattenbausiedlung gefunden worden. Ganz in der Nähe lebte er seit einigen Wochen zusammen mit anderen Asylbewerbern im Stadtteil Leubnitz-Neuostra dezentral in einer Wohnung.

Noch am Mittwoch hatte es geheißen, es gebe bei dem Toten keine Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung. Inzwischen wurde auch bekannt, dass zwei Hakenkreuze an die Tür der Wohngemeinschaft des Opfers geschmiert worden waren.

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