Kein Verständnis für Regierungsträume

Antikapitalistische Linke misstraut dem Regierungsbündnis in Thüringen und lehnt Pläne für Rot-Rot-Grün im Bund ab

  • Lesedauer: 4 Min.
Lucy Redler ist eine der sechs 
BundessprecherInnen der Antikapitalistischen Linken. Seit 2012 
als Strömung in der Linkspartei 
anerkannt, kritisiert die AKL jede Regierungszusammenarbeit der Linkspartei mit SPD und Grünen.

Die LINKE hat sich in der öffentlichen Wahrnehmung konsolidiert, Rot-Rot-Grün in Thüringen spielt hier eine wichtige Rolle. In Griechenland könnte SYRIZA die Regierung übernehmen. Unverändert kritisiert die AKL Regierungsbeteiligungen der LINKEN in Deutschland, zuletzt auf ihrer Bundesversammlung vor einer Woche. Ist es nicht Zeit, dies zu überdenken?
Die AKL ist wie die gesamte Partei solidarisch mit SYRIZA. In Griechenland bietet sich die Möglichkeit, durch eine Regierungsübernahme, gestützt auf Massenmobilisierungen, die Kürzungen der Troika zurückzunehmen und die Verhältnisse grundlegend zu verändern. Das ist in Deutschland anders. Hier gibt es kein linkes Lager, das diesen Namen verdient und mehrheitsfähig wäre. SPD und Grüne betreiben keine Politik im Interesse der Lohnabhängigen oder Erwerbslosen, sind mitverantwortlich für Agenda 2010 und Kriegseinsätze.

In Thüringen bietet sich die Möglichkeit, etwas für die Menschen zu erreichen.
Der Thüringer Koalitionsvertrag ist weit davon entfernt, grundlegende Veränderungen herbeizuführen. So kommt es nun auch beispielsweise nicht zur angekündigten Auflösung des Verfassungsschutzes. Und alle Ziele stehen unter dem Vorbehalt der Schuldenbremse.

Antikapitalistische Linke

Die Antikapitalisische Linke hat rund 700 Mitglieder. Mit Lucy Redler sprach fürs "nd" Uwe Kalbe.

Katja Kipping nennt Regierungsbeteiligungen einen Exportschlager der LINKEN...
Das dürfte nicht nur in der AKL, sondern auch darüber hinaus in der Partei auf Widerspruch stoßen. Regierungskooperation mit SPD und Grünen in Berlin und Brandenburg haben der Glaubwürdigkeit der LINKEN geschadet, wie man an der Abkehr vieler Wähler in diesen Bundesländern erkennen kann.

Das klingt nach Selbstzweck. Ist die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen nicht wichtiger, als es Umfragewerte sind?
Die Bilanz von Regierungsbeteiligungen mit bürgerlichen Parteien, das zeigt sich nicht nur in Deutschland, ist immer wieder eine negative. Es hat nicht nur keine weitgehende Verbesserung der Lebensverhältnisse durch Rot-Rot gegeben, sondern Verschlechterungen wie Stellen- und Sozialabbau. Zudem haben Regierungsbeteiligungen die Ausgangslage für den Aufbau von Widerstand verschlechtert. Der Rückgang an Wählerunterstützung ist ja nur Folge davon. Einzelne Verbesserungen, die es auch in Berlin oder Brandenburg gab und gibt, hätte man auch aus der Opposition erreichen können. Und positive Vorhaben von SPD und Grünen kann man ja unterstützen.

Gregor Gysis Angebot, Gespräche über eine bundespolitische rot-rot-grüne Zusammenarbeit zu führen, findet nicht Ihre Unterstützung?
Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis. Gerade jetzt nicht, da die SPD sich für TTIP aufgeschlossen zeigt und für Rüstungsexporte der Großen Koalition steht, die Grünen immer wieder Auslandseinsätze befürworten. Daher ist es wichtig, dass es einen linken Flügel in der LINKEN gibt, der klare Positionen vertritt.

Auf Ihrer Bundesversammlung wurde auch die Position vertreten, man solle sich an solchem Dialog beteiligen - um zu zeigen, dass er zu keinem guten Ergebnis führt.
Wir sind Teil der Auseinandersetzungen in der Partei, über Regierungsbeteiligungen wie über andere Themen. Die AKL verteidigt wesentliche Positionen der LINKEN wie die Ablehnung von Auslandseinsätzen, die Einführung der Rente mit 60 und eine fünfprozentige Millionärssteuer.

Gegen wen?
Gegen alle anderen Parteien, bei der Rente mit 70 gegen den Chef der Bundesagentur für Arbeit, und wir stehen auch innerparteilich für ein Festhalten an diesen Positionen.

Wie steht die AKL zu den Demonstrationen von Pegida?
Wir beteiligen uns an den Gegendemonstrationen, warnen vor einer Verharmlosung des Rassismus. Aber wir weisen auch auf den staatlichen Rassismus von CDU und SPD und die sozialen Ursachen hin, die solche Bewegungen fördern. Wenn einige jetzt einen Aufstand der Anständigen fordern, muss man sagen, dass es auch unanständig ist, das Asylrecht zu verschärfen oder Menschen in Kriegsgebiete abzuschieben.

Da wenigstens gibt es Konsens mit dem Rest der Partei?
Konsens ist, dass wir uns an den Gegenmobilisierungen beteiligen. Viele Mitglieder sind hier aktiv. Ich denke, die LINKE könnte noch mehr tun, um über die Ursachen aufzuklären, die Verantwortlichen auch in der Bundesregierung benennen und nächste Schritte wie eine bundesweite Großdemonstration mit Gewerkschaften und anderen Initiativen vorbereiten.

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