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Alexis Tsipras und die angebliche Großzügigkeit der Gläubiger: Was es mit dem 35-Milliarden-Angebot auf sich hat
In den Medien heißt es seit dem turbulenten Griechenland-Wochenende immer wieder, die Regierung in Athen habe ein letztes Angebot abgelehnt. Die Deutsche Presse-Agentur schreibt am Montag: »Vertreter der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds haben nach Angaben von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) Griechenland zuletzt dieses Angebot unterbreitet. Im Gegenzug hätte sich Athen unter anderem zu Rentenkürzungen, einer Erhöhung der Mehrwertsteuer und weiteren Privatisierungen verpflichten müssen.« Teil dieses Angebots seien auch Wirtschaftsinvestitionen von 35 Milliarden Euro gewesen.
Es sei, so verbreitete die Agentur am Montag ein Statement von Gabriel, ein Angebot, »das nicht nur weitergeht als alle Angebote zuvor, sondern sich zugleich qualitativ unterscheidet«, worauf »vor allem massive Investitionen in Wachstum und Beschäftigung in Griechenland« genannt werden. Zeitungen greifen das auf – einige in der nun schon länger bekannten Anti-SYRIZA-Manier, die mit abfälliger Personalisierung und mit Unwahrheiten operiert, wie zum Beispiel der »Berliner Kurier« (siehe Foto).
Regierungskreise sind am Montag mit der Klage zitiert worden, Premier Alexis Tsipras habe die 35 Milliarden »nicht nur abgelehnt. Er habe das Angebot sogar unerwähnt gelassen, als er in der Nacht auf Samstag vor dem Parlament seinen Plan verteidigte, ein Referendum abzuhalten«, so etwa die »Süddeutsche Zeitung«. Das klingt so, als ob die Summe praktisch in letzter Minute und quasi in bar offeriert wurden. Doch das ist nicht so.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte bereits Mitte Juni in einem »Spiegel«-Interview erklärt, »statt über die Kommission zu schimpfen, könnte Herr Tsipras in Griechenland einmal erzählen, dass ich ihm für die Jahre 2015 bis 2020 ein Investitionsprogramm in Höhe von 35 Milliarden Euro in Aussicht gestellt habe, um die Wachstumskräfte im Land zu stärken. Ich höre davon nichts«. Anfang vergangenen Woche wurde unter Berufung auf Juncker berichtet, dass die insgesamt 35 Milliarden Euro zur Ankurbelung der griechischen Wirtschaft nicht in den Staatshaushalt fließen, sondern direkt Unternehmen und Bürger unterstützen sollten.
Mehr noch aber: Die 35 Milliarden Euro kann Athen nicht einfach abrufen und verwenden. Das hätte die SYRIZA-geführte Regierung sicher längst getan. Es handelt sich um Zuschüsse, die eine Co-Finanzierung seitens Athen voraussetzen. Da aber die dortige Regierung seit Sommer 2014 keine Gelder aus dem Kreditprogramm mehr erhalten, zugleich aber – bisher jedenfalls – allen Rückzahlungsverpflichtungen nachgekommen war, ist im Etat kein Geld für Projekt, zu denen die EU dann noch etwas dazufördern könnte.
»Die Summe von etwas mehr als 35 Milliarden Euro umfasst die förderfähigen Zuschüsse, die Griechenland in den Jahren 2014 bis 2020 aus dem Strukturfördertopf der Europäischen Kommission abrufen kann - und zwar sowieso, wie andere Länder auch«, schreibt die »Süddeutsche Zeitung«. In der vergangenen Förder-Periode 2007 bis 2013, als Athen insgesamt 38 Milliarden Euro zur Verfügung gestanden hatten, konnten diese nicht abgerufen werden, »weil die Regierung dazu eine Co-Finanzierung bereitstellen muss. Weil Griechenland aber kein Geld hat für Co-Finanzierungen, auch nicht, um den ermäßigten Satz von 15 Prozent der Gesamtkosten eines förderungsfähigen Projektes zu zahlen, kann es diese Mittel nicht (vollständig) abrufen und würde es auch in Zukunft unter den gegebenen Umständen nicht können«, so das Blatt.
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