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Dreckiges, verunreinigtes Wasser

Eine Woche nach der Flut in Westdeutschland häufen sich die Probleme in den betroffenen Gebieten

Eine Woche nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wird das Ausmaß der Schäden immer sichtbarer. Am Mittwochabend verschickte der Kreis Euskirchen eine Warnung an alle Haushalte, Leitungswasser vor dem Gebrauch unbedingt abzukochen. Es könne »bakterielle Verunreinigungen aufweisen«. In 90 Prozent des Kreises sei die Wasserversorgung zwar wiederhergestellt und hygienisch gesichert. Aber für fast 20 000 Menschen sei dies nicht der Fall. Empfohlen werden für das Abkochen Wasserkocher. Kaffeemaschinen erzielten nicht die ausreichende Temperatur, hieß es. Eine ähnliche Warnung erfolgte am Donnerstag auch für das besonders schwer vom Hochwasser betroffene Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Aussagen, das Wasser sei durch Öl oder chemische Stoffe kontaminiert, widerspricht der Kreis Euskirchen indes. Anders sieht es im Bergischen Land aus. Für die Wuppertalsperre wurde ein Umweltalarm ausgelöst. Einen Alarm gibt es auch für die Seen in der Ruhr. Der Ruhrverband hat für die Gewässer, in denen viele Menschen baden gehen und Boot fahren, ein Nutzungsverbot verfügt. Wracks, die nach dem Hochwasser in den Seen liegen, seien eine zu große Gefahr für Freizeitkapitäne. Scharfe Teile stellten eine zu große Verletzungsgefahr dar.

Schäden gab es auch am Baldeneysee im Süden von Essen. Der Oberbürgermeister der Stadt, Thomas Kufen (CDU), ist gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender des Städtetages Nordrhein-Westfalen. Der »Westdeutschen Allgemeinen« sagte er: »Es kann durchaus möglich sein, dass in Zukunft in bestimmten Lagen keine Baugebiete mehr neu ausgewiesen werden können, weil eine aktuelle Gefährdungseinschätzung besondere Gefahren feststellt.« Eine Meinung, mit der der CDU-Politiker nicht allein ist. Auch Landschaftsplaner und Klimawissenschaftler warnen vor einem Wiederaufbau zerstörter Häuser, die direkt an Flüssen lagen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat am Donnerstag 16 »Bausteine« veröffentlicht, wie bei Hochwasserereignissen in der Zukunft Risiken für Anwohner minimiert werden könnten. Darunter findet sich Allgemeines, was von dem Umweltverband schon seit langem gefordert wird wie der Ausstieg aus der Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern und der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. Zudem müsse Flüssen mehr Raum gegeben werden. Der Staat müsse das fördern. Die Wiederherstellung von Flussauen verbessere nicht nur die Biodiversität, sie nehme auch »Wasser wie ein Schwamm auf«, wodurch das Überflutungsrisiko für Städte geringer werde. BUND-Chef Olaf Bandt beklagte zudem, Deutschland scheitere seit Jahren an seinem Ziel, die Versiegelung von Böden auf 30 Hektar pro Tag zu begrenzen. Derzeit liegt der Wert immer noch bei 52 Hektar.

Der BUND fordert zudem eine bessere Vorbereitung und Risikoaufklärung für den Katastrophenfall. Bandt fasst die Forderungen seiner Organisation so zusammen: »Jetzt wird nach einfachen Lösungen gesucht, um solche Katastrophen zu verhindern. Diese Lösungen gibt es aber nicht. Zu oft wird entweder nach mehr Klimaschutz, mehr Klimafolgenanpassung oder mehr Katastrophenschutz gerufen.« Doch es brauche eine Kombination aus Bausteinen für wirksamen Klimaschutz, ökologischen Hochwasserschutz, gegen Flächenversiegelung und mehr Bodenschutz im Zusammenspiel mit einem Katastrophenschutz, bei dem auch die Gefahren durch die klimatischen Veränderungen ehrlich benannt würden, so Bandt. Inwieweit solche Gedanken in die konkreten Wiederaufbaupläne aufgenommen werden, ist bislang unklar.

Klar ist immerhin, wie viel Geld es gibt. Nachdem am Mittwoch die Bundesregierung 200 Millionen Euro an Soforthilfen für die Flutgebiete angekündigt hatte, folgte am Donnerstag der Beschluss des nordrhein-westfälischen Landeskabinetts von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet. Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag erklärte er, Nordrhein-Westfalen werde ebenfalls 200 Millionen Euro für den Wiederaufbau bereitstellen. Damit sorge man »für schnelle Hilfen für die besonders von der Notlage betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Landwirte und Kommunen«, so der NRW-Ministerpräsident. Es sei wichtig, dass die größte Not unbürokratisch und schnell gelindert werde. Das Soforthilfeprogramm stehe, Auszahlungen könnten in wenigen Tagen erfolgen. Bei dem Medientermin präsentierte Laschet auch ein Antragsformular, das nur zwei Seiten umfasst.

Der Düsseldorfer Regierungschef versicherte, Menschen und Kommunen würden nicht allein gelassen. Die »Jahrhundertflut« habe »tiefe Wunden« hinterlassen, die zu heilen eine »extreme Herausforderung« sei, die nur gemeinsam bewältigt werden könne.
Zusätzlich zu dem 200-Millionen-Programm verspricht die Landesregierung 65 Millionen Euro, mit denen von der Flut besonders getroffene Städte und Kreise wiederaufgebaut werden sollen. Laschet erinnerte an die Zusage von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), dass mehr Geld zur Verfügung gestellt werde, wenn das bislang Bereitgestellte nicht ausreiche. Nach Angaben von Scholz ist ein Wiederaufbaufonds in Milliardenhöhe geplant, der aber erst beschlossen werden soll, wenn die Flutschäden besser eingeschätzt werden können.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sicherte den Katastrophenregionen unterdessen mehr Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu. Das Kurzarbeitergeld sei nicht nur ein Instrument für Konjunkturkrisen, sondern könne auch Beschäftigten und Unternehmen in den betroffenen Gebieten helfen. »Wenn es notwendig ist, werde ich nicht zögern, die in der Corona-Krise verbesserten Kurzarbeitergeldregeln über Ende September hinaus zu verlängern«, sagte Heil der »Rheinischen Post« (Donnerstagausgabe).

In den betroffenen Regionen macht sich unterdessen eine andere Sorge breit: Die meisten beschädigten Häuser sind leergeräumt, auch der Schlamm ist oft entfernt. Bautrockner verrichten, meist von Dieselgeneratoren betrieben, ihren Dienst. Die Aufräumarbeiten, an denen allein in Bad Neuenahr-Ahrweiler etwa 3000 Freiwillige mitwirken, laufen den Umständen entsprechend gut. Aber um Häuser wieder bewohnbar zu machen, braucht es professionelle Hilfe: Elektriker, die Leitungen legen, Heizungsbauer, Gas- und Wasserinstallateure. Doch schon vor der Katastrophe war es schwierig, einen Termin bei der immer kleiner werdenden Zahl von Fachleuten zu bekommen. Und gegen den Handwerkermangel hilft kein staatliches Programm.

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