Deutsche Drohnenfabrik in der Ukraine eröffnet

Bayerischer Senkrechtstarter kann im Verbund mit Angriffswaffen eingesetzt werden

Der Minister rechts im Bild will die diesjährige Drohnenproduktion auf zwei Millionen Stück schrauben.
Der Minister rechts im Bild will die diesjährige Drohnenproduktion auf zwei Millionen Stück schrauben.

Bei seiner Delegationsreise in die Ukraine hat der Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, dem kriegsgebeutelten Land vergangene Woche abermals die anhaltende deutsche Unterstützung zugesichert. »Das allerdings erwarten sie auch, denn die militärische Situation an der Front fordert, dass wir die Ukraine jetzt, in der Zeit, wo der Druck sich noch einmal erhöht, weiter und mit mehr Munition und auch mit neuen Waffensystemen unterstützen«, sagte der Grünen-Politiker am Freitag in Kiew.

Vor einer Woche hatte die Bundesregierung angekündigt, dem Land ein weiteres Patriot-Luftabwehrsystem zu liefern. Bei einem Treffen mit Habeck bedankte sich Präsident Wolodymyr Selenskyj öffentlich für die Hilfe Deutschlands.

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Auf dem Programm der Habeck-Delegation stand am Donnerstag auch die Eröffnung einer deutschen Drohnenfabrik in der Ukraine. Dort will die Firma Quantum Systems aus dem bayerischen Gilching bis zu 1000 Aufklärungsdrohnen pro Jahr herstellen. Ob diese dann auch an das ukrainische Militär verkauft werden, bleibt offen. Ein solcher Deal liegt aber nahe: Seit Mai 2022 hat Quantum bereits 212 Drohnen des Typs »Vector« an die Ukraine geliefert, finanziert wurden sie im Rahmen der deutschen »Ertüchtigungsinitiative«. Bis Ende dieses Jahres sollen es insgesamt 500 werden. Mindestens 100 Drohnen wollte Quantum Systems dem Land spenden, wie der Geschäftsführer Florian Seibel nach einem Treffen mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko im vergangenen September mitteilte.

Die Drohnen aus Gilching sind sogenannte Starrflügler, die jedoch mit zusätzlichen Rotoren an den Tragflächen ausgerüstet sind. Als Senkrechtstarter können sie deshalb auch in Gegenden ohne Start- oder Landeflächen eingesetzt werden. Der Stückpreis für die Drohnen mit einer Spannweite von 2,80 Metern soll bei 180 000 Euro liegen. Soweit bekannt, liegt ihre »Ausdauer« bei rund zwei Stunden.

Bislang wird die »Vector« nur unbewaffnet vermarktet. Ausgerüstet mit KI-gestützter Überwachungstechnik kann die Drohne jedoch auch im Verbund mit Angriffswaffen eingesetzt werden. Wird zusätzlich ein Laserbeleuchter montiert, können damit Ziele für Angriffe durch die Artillerie oder andere Luftfahrzeuge markiert werden.

Nach eigenen Angaben beschäftigt Quantum Systems rund 250 Mitarbeiter an drei Standorten. Das neue Werk in der Ukraine, für das die Firma sechs Millionen Euro investieren und rund 100 Mitarbeiter beschäftigen will, wird der zweite Standort in der Ukraine sein. Für die Ausbildung der Drohnenpiloten hat Quantum Systems bereits ein »Service-, Support-, Trainings- und Logistikzentrum« in dem Land eingerichtet, dort arbeiteten der Firma zufolge ausschließlich ukrainische Staatsangehörige.

Unter den Drohnenherstellern gehört Quantum Systems mit seiner Gründung 2015 zu den Newcomern. Von Beginn an konnte sich die Firma auf Netzwerke in Industrie und Politik stützen. So soll der Ukraine-Deal durch Vermittlung des ukrainischen Konsuls in München zustande gekommen sein. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und das Verteidigungsministerium, die für Exportgenehmigungen ansonsten mehrere Monate benötigten, hätten die Lieferung an die Ukraine in einem Schnellverfahren erlaubt.

Die militärische Verteidigung der Ukraine ist für die bayerische Firma eine Chefsache. Im sozialen Netzwerk Linkedin hat der CEO Seibel sein Profil mit dem Ausspruch »Ruhm der Ukraine« ergänzt. Die Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, womöglich Truppen in die Ukraine entsenden zu wollen, kommentiert Seibel im Internet mit »Auf geht’s, Herr Bundeskanzler«.

Die Eröffnung des Quantum-Werks mit dem Vizekanzler Robert Habeck erfolgte im Beisein des ukrainischen Ministers für strategische Industrie, Alexander Kamyshin. Dessen Ziel ist es, die Produktionskapazitäten des Landes mit rund 200 Herstellern auf jährlich zwei Millionen Drohnen zu erhöhen. Diese Marke soll nach einer Ankündigung von Kamyshins Stellvertreterin Hanna Hvozdiar Ende des Jahres erreicht sein.

Neben Quantum Systems hat auch der türkische Drohnenproduzent Baykar mit dem Bau eines Werkes in der Nähe von Kiew begonnen. Dort sollen jedoch größere und bewaffnete Starrflügler hergestellt werden.

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