Rentenidee: Mal wieder die Falschen enteignen

Jana Frielinghaus zum Vorschlag eines »Boomer-Soli«

Viele von ihnen sind betucht und gehen früh in den Ruhestand, so das Klischee über Angehörige der geburtenstarken Jahrgänge. DIW-Forscher finden deshalb, die reichen Boomer sollten den ärmeren was von ihrer Rente abgeben.
Viele von ihnen sind betucht und gehen früh in den Ruhestand, so das Klischee über Angehörige der geburtenstarken Jahrgänge. DIW-Forscher finden deshalb, die reichen Boomer sollten den ärmeren was von ihrer Rente abgeben.

Wenn es darum geht, die Konzerne und die oberen Zehntausend vor »Belastungen« zu bewahren, kennt die Fantasie in Politik, Lobbyverbänden und Instituten kaum Grenzen. Dafür wird mit der Lupe gesucht, wo man dem Normalbürger noch etwas abknöpfen kann. Das tut man sehr gern bei den »Boomern«, die laut gängigen Mythen reich sind und irgendwelche Friedensdividenden verfrühstücken. Die neueste Idee dieser Art: der »Boomer-Soli«. Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung schlagen vor, dass betuchtere Rentner aus den geburtenstarken Jahrgängen bis zu zehn Prozent ihrer Altersbezüge an ärmere Leute aus ihrer Generation abgeben.

Der Vorschlag ist als Überbrückung zur Stabilisierung des ohnehin schwachen Rentenniveaus gedacht und soll massive Beitragserhöhungen für die Berufstätigen verhindern. So weit, so verständlich. Doch die DIW-Fachleute finden, man solle schon Rentner schröpfen, die gerade mal etwas mehr als 1000 Euro Gesamteinkünfte haben. Das ist einfach nur unverschämt. Und es lässt viele Fragen offen. Zum Beispiel: Nach welchen Kriterien innerhalb des komplizierten Rentensystems soll der Soli verteilt werden? Wer wird die Bezüge der armen Ruheständler der Jahrgänge ab 1965 aufstocken? Warum drängen die Experten nicht vehementer auf einen Abschied vom noch immer überwiegend beitragsfinanzierten System? Steuerfinanzierte Anteile sollten in einer so reichen Gesellschaft wie der deutschen kein Problem sein. Und vor allem: Wieso zur Hölle schlagen sie nicht eine Vermögensabgabe für die Reichsten zur Finanzierung armutsfester Renten vor?

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.