»Mangelnde Ernsthaftigkeit« in Genf
Friedensgespräche von schwerem Anschlag in Syrien überschattet
Einen »Mangel an Ernsthaftigkeit« hat der Leiter der syrischen Regierungsdelegation, UN-Botschafter Bashar al-Jaafari, am Sonntag in Genf der Opposition angesichts ihrer verspäteten Anreise vorgeworfen. Die Delegation des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) hatte so den Beginn der Konferenz hinausgeschoben und ist erst nach langem Zögern in die Schweiz gereist. Die Vertreter aus Damaskus waren schon am Freitag mit dem UN-Sondervermittler für Syrien, Staffan de Mistura, zusammengekommen.
Das Gespräch dauerte fast drei Stunden. Die syrische Regierung habe eine »gewichtige« Delegation nach Genf geschickt, sagte de Mistura anschließend. Man habe über die Tagesordnung und die nächsten Schritte gesprochen. Es sei »offensichtlich, dass jede Diskussion über einen Waffenstillstand die Anwesenheit von zwei Verhandlungsseiten« erfordere. »Ein Waffenstillstand wird zwischen denen geschlossen, die schießen«, so de Mistura. Man erwarte Klarheit darüber, was nun mit dem HNC sei. Erst am Samstagabend sind dann 17 Vertreter dieser Gruppe in Genf eingetroffen. Sieben von ihnen sollen laut »Al Jazeera« am Sonntagvormittag mit dem UN-Sondervermittler in ihrer Unterkunft im Hotel Wilson zusammengetroffen sein.
Nach einer schweren Explosion in der syrischen Hauptstadt am Sonntagmorgen trat der Leiter der syrischen Regierungsdelegation, Botschafter al-Jaafari, vor die Presse. Er verurteilte den Anschlag, der in Saida Zeynep, einem Vorort von Damaskus, mindestens 45 Menschen getötet habe. In dem südlich der Hauptstadt gelegenen Ort steht das Mausoleum von Saida Zeynep, der Enkelin des Propheten Mohammed. Die Moschee gehört zu den wichtigsten Heiligtümern schiitischer Muslime und wird von den Einheiten der libanesischen Hisbollah geschützt, die an der Seite der syrischen Armee kämpft. Wie Al Jaafari zugleich erklärte, sei noch unklar, wer der HNC-Verhandlungsdelegation angehöre. Vorbedingungen für die Gespräche würden nicht akzeptiert. Syrien fordere von der UNO, dass die Wirtschaftssanktionen gegen das Land aufgehoben werden. Diese waren von der USA und seit 2011 auch von der Europäischen Union verhängt und mehrfach verschärft worden.
Andere Oppositionsgruppen, darunter Vertreter der Zivilgesellschaft und von Frauenorganisationen, sollen vermutlich am Montag mit dem UN-Vermittlungsteam zusammentreffen. De Mistura hatte angekündigt, dass viele Delegationen in die »Annäherungsgespräche« einbezogen werden sollten. Bisher wird lediglich die Riad-Gruppe als »Verhandlungsdelegation« bezeichnet, während die anderen Gruppen den Status von »Beratern« erhalten würden. Zu diesen »Beratern« zählt u.a. das Oppositionsbündnis der »Demokratischen Säkularen Liste«, der auch die Partei der Demokratischen Einheit (PYD) angehört. Diese leistet mit den kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG und YPJ im Norden Syriens den effektivsten Widerstand gegen die Terrormiliz »Islamischer Staat«.
Westliche Medien bezeichnen die Riad-Gruppe meist als »wichtigste« oder »größte« Oppositionsgruppe. Diese Bewertung entspricht allerdings weniger der realen Bedeutung in Syrien als vielmehr der Tatsache, dass diese Gruppe Positionen ihrer Sponsoren (USA, EU, Türkei, Saudi-Arabien und Golfstaaten) vertritt. Sie wird auch als Vertretung bewaffneter Gruppen angesehen, die von den genannten Staaten seit 2011 für den Kampf gegen die syrische Regierung ausgerüstet wurden.
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