Razzia gegen Islamisten
Offenbar Anschläge auf Ziele in Berlin geplant
Den deutschen Sicherheitsbehörden ist es möglicherweise gelungen, einen Anschlag von Islamisten in Berlin zu verhindern. Nach Informationen der Zeitungen »bz« und »Bild« war der Berliner Alexanderplatz das Ziel eines Anschlages. »Es geht um mögliche Anschlagsplanungen für Deutschland – konkret für Berlin«, erklärte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner. Zum Alexanderplatz als möglichem Anschlagsziel wollte sich Steltner indes nicht äußern. Der Hinweis auf die Anschlagsplanungen soll vom Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen sein.
Die Razzien gegen eine mutmaßliche dschihadistische Zelle mit Bezug zum sogenannten »Islamischen Staat« (IS) hatte am frühen Donnerstagmorgen in der Hauptstadt, in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen begonnen. Insgesamt 450 Polizisten und mehrere Spezialeinsatzkommandos, die bei gefährlichen Tatverdächtigen eingesetzt werden, waren an der Polizeiaktion beteiligt. Auch Sprengstoffspürhunde wurden eingesetzt.
»Die Generalstaatsanwaltschaft und die Berliner Polizei führen seit Dezember ein Verfahren gegen vier Algerier«, sagte der Sprecher der Berliner Polizei, Stefan Redlich. Die Männer zwischen 26 und 49 Jahren stünden unter Verdacht, eine sogenannte »schwere staatsgefährdende Gewalttat« vorbereitet zu haben. In Berlin wurden zwei Wohnungen in den Stadtteilen Tempelhof und Kreuzberg durchsucht sowie zwei Arbeitsstätten, darunter ein »Backshop« in der Nähe des Alexanderplatzes sowie ein Kiosk. Weitere Durchsuchungen gab es Hannover und bei dem Hauptverdächtigen der möglichen Anschlagspläne, einem 35-jährigen Algerier, der in einer Erstaufnahmeeinrichtung im nordrhein-westfälischen Attendorn festgenommen wurde. Der Mann soll laut Sicherheitskreisen angeblich als Flüchtling über die Balkanroute nach Deutschland gekommen sein und sich erstmals in Bayern registriert haben.
Zwei der Verdächtigen sowie eine Frau wurden festgenommen, weil sie sich mit falschen Pässen als syrische Staatsbürger ausgegeben haben sollen. Gegen den Hauptverdächtigen aus Attendorn lag außerdem ein internationaler Haftbefehl aus Algerien vor, weil er Mitglied des »Islamischen Staates« sein soll. Auch dem 26-jährigen Verdächtigen aus Hannover, der allerdings nicht festgenommen wurde, soll Verbindungen in Richtung des Terrorkalifats unterhalten haben. Angeblich habe es Verbindungen zu dem getöteten mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge von Paris, Abdelhamid Abaaoud, gegeben. Der 26-Jährige aus Hannover soll vor wenigen Wochen das erste Mal in die Brüsseler Gemeinde Molenbeek gereist sein. In dem Viertel der belgischen Hauptstadt leben viele muslimische Einwanderer. Die Erwerbslosenrate ist mit 30 Prozent extrem hoch. Wiederholt gab es vor Ort ebenfalls Razzien gegen islamistische Terrorverdächtige. Abaaoud hatte nach seiner Ausreise in den »IS« und vor den Anschlägen in Paris einige Monate in Molenbeek gelebt.
Die nun ins Visier der Behörden geratenen Algerier sollen untereinander nur verschlüsselt kommuniziert haben. Außerdem verhielten sie sich konspirativ, mehrfach seien Handys gewechselt worden, hieß es. Die Auswertung der beschlagnahmten Mobiltelefone und Computer dauerte am Donnerstag zunächst an. »Das Ziel der Durchsuchungen war es, Beweismittel zu finden, ob an den Vorwürfen etwas dran ist oder man diese Vorwürfe entkräften kann«, sagte der Sprecher der Berliner Polizei, Stefan Redlich. Waffen oder gar Sprengstoff wurden bei der Aktion nicht gefunden. Die Polizei geht aber auch davon aus, dass solche Dinge sicher woanders versteckt worden wären.
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) erklärte zur Durchsuchung in der Islamistenszene: »Die Bedrohungslage durch militante Islamisten bleibt hoch.« Man habe weiterhin allen Grund, wachsam und vorsichtig zu sein. Deshalb sei ein konsequentes Vorgehen gegen die Islamistenszene geboten, so Henkel. Vor allem, wenn es um mögliche Bezüge zum »Islamischen Staat« gehe. Berlins Innensenator kündigte an, dass die Aktivitäten der dschihadistischen Szene weiter von den Sicherheitsbehörden intensiv beobachtet werden. Für weitere Schlüsse müssten allerdings die Ermittlungen abgewartet werden.
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