Im Kohlenwald
Martin Leidenfrost war unterwegs an einer belgischen Nahtstelle zwischen Wallonen und Flamen
Ich wandere auf der innerbelgischen Sprachgrenze, auf den Spuren des mythischen »Kohlenwalds«. Die Kommune Sint-Genesius-Rode, von Flamen in der Mitte wie »Chinesisch« ausgesprochen, liegt verstreut. Hier gibt es nicht die holländische Heimeligkeit einsehbarer Wohnstuben; die Fensterläden an den langen Häuserreihen sind heruntergelassen. Zum Frühstücken kein Ort, von der Schwelle einer Kneipe vertreibt mich der tief röchelnde Hund des Hauses. An der Landstraße schmutzigweiße Kühe im Regen, Autos spritzen den Wanderer an.
Gemäß der einleuchtendsten These eroberten germanische Franken während der Völkerwanderung das von romanisierten Kelten bewohnte Gebiet. Im Norden germanisierten sie, im Süden passten sie sich sprachlich an. Trotz Rodungen dürfte die Grenze zwischen Französisch und Niederländisch seit etwa zwölf Jahrhunderten durch den Kohlenwald verlaufen. Das Sprachgesetz von 1962 betonierte die Grenze ein, das Erheben der real...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.