Fremd, weiblich, obdachlos

Genaue Statistiken fehlen in Berlin, Schicksale gibt es genug

  • Christina Palitzsch
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Über 11 000 Menschen sind in Berlin wohnungslos. Auch Anja gehörte dazu. Nach den Erfahrungen in Notunterkünften blieb sie lieber ganz auf der Straße.

Der Treffpunkt ist ein Café in Prenzlauer Berg. Eine Frau, um die dreißig mit dem Schal hoch ins Gesicht gezogen, tritt durch die Tür. Sie weicht dem Blick aus, spricht anfangs kaum. Über ein Jahr schlief sie in Notunterkünften, auf der Straße, in Abrisshäusern, versteckt in Büschen, lieber ohne Zelt, um unsichtbar zu sein. »Wenn die Leute merken, dass Du obdachlos bist, bist Du ein Untermensch.« Sie zieht unruhig an ihrer Zigarette. Ihr richtiger Name und das Herkunftsland sollen lieber unerwähnt bleiben. Zu oft, sagt sie, werden EU-Bürgerinnen mal aus dem einen, mal aus dem anderen Herkunftsland diskriminiert. Zu groß ist auch die Angst, ihre Errungenschaften zu verlieren.

Mit einem Diplom kam Anja vor eineinhalb Jahren nach Deutschland. Sie arbeitete in einem Hostel im Süden. Zunächst mit normalen Arbeitszeiten, bereits nach kurzer Zeit wurden daraus 16-Stunden-Schichten bei einem Euro Stundenlohn. Irgendwann zahlte der Chef üb...


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