Afrika aus erster Hand
Die in Leipzig entstandene Medienplattform JournAfrica! will mit Klischees aufräumen
JournAfrica! - so heißt ein ambitioniertes Projekt ehemaliger Leipziger Studenten, die Afrika anders darstellen wollen: »Nicht als Kontinent mit Kriegen, Krisen und Katastrophen, sondern positiv, mit all der Kreativität und dem Optimismus, den es auch gibt«, sagt Philipp Lemmerich, einer der Initiatoren der Internetplattform. Denn Afrika vollziehe gegenwärtig einen Imagewechsel, sei Chancenkontinent und Wachstumsmarkt. Es gebe Industriewachstum und eine größer werdende Mittelschicht.
Die Idee zum ersten deutschsprachigen Nachrichtenportal für Journalismus aus Afrika hatte Lemmerich schon während seines Studiums der Politikwissenschaften in Leipzig. Er war selbst auf dem Kontinent unterwegs, vor allem in Westafrika. Der heute 27-Jährige jobbte als freier Hörfunkjournalist und versuchte schon damals, »andere Geschichten zu erzählen«. Aber das war schwierig. Oft kommen in den üblichen Korrespondentenberichten Europäer zu Wort, die den Einheimischen helfen. Ein Perspektivwechsel wäre gut, meint Lemmerich: »Es gibt viele Afrikaner, die selbst etwas auf die Beine stellen, darüber wird selten berichtet.« Zudem betreut der typische Afrika-Korrespondent im Schnitt 33 Länder und dürfte überfordert sein, ins Detail zu gehen. Afrika hat 54 Länder, eine Milliarde Bewohner, Hunderte Ethnien. Die Anzahl deutscher Afrika-Korrespondenten lässt sich hingegen an zwei Händen abzählen.
Warum also nicht die Reportagen und Berichte von afrikanischen Journalisten vor Ort auf einer Plattform im Internet sammeln, für jeden zugänglich, der sich ein unabhängiges Bild von Afrika machen möchte? JournAfrica! will hier ein Zeichen setzen. Ein dezentrales Korrespondentennetzwerk liefert Analysen, Reportagen und Hintergrundberichte. Afrika hat eine Menge zu bieten, sagen die Macher: pulsierende Städte, lebhafte Kultur, innovative Wirtschaft und spannenden Alltag. So gibt es Berichte über büffelnde Ordnungshüter in Kongo, über Straßenkunst in Kenia oder über Hip-Hop aus Swasiland.
Ganz am Anfang schrieben Philipp Lemmerich und seine Mitstreiter Anträge auf Fördermittel, denn kommerziell ist ein solches Projekt (noch) nicht zu betreiben - es gehört viel Idealismus und Herzblut dazu. Zum Start gab es Geld von Stiftungen für Autorenhonorare und Übersetzungen. Der Jahresetat 2015 lag bei 30 000 Euro, Geld aus dem Förderprogramm des Entwicklungsministeriums, aus Spenden und von kleineren Stiftungen. Werbung soll es auf dem Portal nicht geben. Hinter JournAfrica! steht der gemeinnützige Verein treemedia.
Im Frühjahr 2014 war der Start, Ende 2014 ging das Portal online. Damals war der Standort noch in Leipzig, inzwischen ist das Team nach Berlin umgezogen, hat hier sein Büro, in dem nicht nur JournAfrica! beheimatet ist, sondern auch andere Projekte - solche, die Geld einbringen und mit denen das Afrika-Projekt querfinanziert werden kann. Bei JournAfrica! arbeiten etwa 15 Leute zwischen 22 und 32 Jahren, drei im Hauptberuf, die anderen ehrenamtlich. Sie entwickeln die Themenideen, betreuen die Korrespondenten vor Ort. Fast alle waren schon länger in Afrika, verfügen über gute Kontakte. Das Team arbeitet ausschließlich mit einheimischen Korrespondenten, Bloggern, Fotografen und Karikaturisten zusammen, die die Lage in Afrika genau kennen, Geschichten aus erster Hand. Die Texte erscheinen in Deutsch, Englisch und Französisch.
Inzwischen gibt es erste Erfolge. So ist die Resonanz in den Medien und bei den Nutzern positiv. Die Frankfurter Rundschau und jetzt.de, das Online-Jugendmagazin der Süddeutschen Zeitung, übernehmen einzelne Artikel. Lemmerich: »Aber die Summen, die da reinkommen, sind klein.« Mit der Deutschen Welle tauscht JournAfrica! Ideen und Texte aus.
Über eine Crowdfunding-Kampagne im Internet gaben jetzt fast 300 Unterstützer insgesamt 12 000 Euro für mehr Inhalte und für Übersetzungen. In diesem Jahr will man das Profil schärfen, 80 Artikel pro Jahr sollen erscheinen. Interessenten können mit einer Förder- oder Premiummitgliedschaft zu einer nachhaltigen Finanzierung beitragen. Ziel ist, die Kosten zu decken, ein Abo-Modell wäre denkbar. Philipp Lemmerich: »Wir wollen zeigen, wo in Afrika etwas gut funktioniert, vielleicht sogar besser als in Deutschland. Wir Europäer können lernen von Afrika.«
Im Internet: https://journafrica.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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