Genosse klopfte fremdenfeindliche Sprüche

Einem LINKE-Kommunalpolitiker droht wegen unzumutbarer Äußerungen über Flüchtlinge der Parteiausschluss

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Der LINKE-Kreisverband Lausitz will einen Gemeindevertreter aus Neiße-Malxetal aus der Partei ausschließen lassen, weil er sich im Internet schwer im Ton vergriffen hat.

Er sieht sich als Opfer einer Rufmordkampagne. René Prüfer ist von Beruf Tischler, Dienstleistungsunternehmer - und sitzt für die LINKE seit mehreren Jahren in der Gemeindevertretung von Neiße-Malxetal.

Nun hat der Kreisvorstand Lausitz am Montagabend einstimmig beschlossen, den Parteiausschluss von Prüfer zu beantragen. Das bestätigte der Kreisvorsitzende Matthias Loehr am Mittwoch. Hintergrund sind private Kommentare des Kommunalpolitikers auf seiner Facebookseite. Im Internet hat Prüfer zum Beispiel - das bestreitet er auch gar nicht - auf Bilder und ein Video reagiert, die das Abstechen von Ziegen und das Verprügeln einer Oma zeigen. Dazu schrieb er: »Findet die Ziegenschänder und dann richtig auf die Fellfressen.«

Den Begriff »Tempeltänzer« hat Prüfer auch verwendet. Laut Loehr sinngemäß in dem Zusammenhang: ›Wir füttern diese Tempeltänzer durch und werden von diesem Abschaum auch noch beklaut.‹ Nach Auffassung des Kreisvorsitzenden hat Prüfer damit klar gegen Satzung und Programm der Linkspartei verstoßen. Denn die Partei trete gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus ein. »Er hat sich davon nicht distanziert. Er hat seine Äußerungen verteidigt. Da gibt es aus Sicht des Kreisvorstandes nur eine Konsequenz«, erklärt Loehr.

Prüfer ist fassungslos. »Ich bin weder Nazi noch Rassist«, beteuert der 49-Jährige. Das würde seiner Erziehung und seinen Überzeugungen widersprechen. Seine Mutter habe ihn nach ihren Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg immer ermahnt, dass Schlimmste auf der Welt, das seien die Faschisten. Außerdem ist der 49-Jährige mit einer Vietnamesin verheiratet und hat mit ihr zwei Kinder. Die Familie sei schon fremdenfeindlich attackiert und rassistisch beschimpft worden. Noch ein Grund mehr, dass er sich niemals mit irgendwelchen Rechten einlassen würde, versichert Prüfer.

Wobei er berichtet, dass die AfD ihn jetzt locken wolle, zu ihr überzutreten. Doch auf solche Angebote werde er selbstverständlich nicht eingehen, betont Prüfer. Falls die LINKE ihn ausschließe, werde er in überhaupt keine Partei mehr eintreten.

»Alle, die mich kennen sagen: ›Beim Prüfer sind Herz und Schnauze dicht beieinander‹«, rechtfertigt der Gemeindevertreter seine Entgleisungen. »Das war ein Fehler, das war nicht in Ordnung«, gibt er zu, nachdem er alle beanstandeten Einträge gelöscht hat.

Seine Erregung begründet er damit, dass es für ihn ein großer Kampf mit den Behörden gewesen sei, seine Schwiegereltern aus Vietnam zu Besuch zu holen, während nun Flüchtlinge ohne Pass einfach in die Bundesrepublik hereingelassen werden. Gegen Bürgerkriegsflüchtlinge habe er nichts, für die habe er Verständnis, nur mit Wirtschaftsflüchtlingen habe er Probleme, sagt Prüfer. Natürlich brauchen arme Menschen in Afrika auch Unterstützung, aber denen müsse vor Ort geholfen werden. Es könnten nicht alle nach Deutschland kommen, meint der Unternehmer.

Er denkt, dass er jetzt so in die Kritik geraten sei und fälschlicherweise als Neonazi hingestellt werde, habe mit seinem unbequemen Engagement für die Grundschule in Döbern zu tun. Dabei habe er sich im Interesse der Kinder oft »den Mund verbrannt«. Damit habe er sich im Potsdamer Bildungsministerium unbeliebt gemacht und den rot-roten Koalitionsfrieden gestört.

Kreisparteichef Loehr hält dagegen, der Kreisvorstand behaupte gar nicht, dass René Prüfer ein Nazi sei. Mit seinen unglaublichen Äußerungen habe dieser dennoch die Grundwerte der Partei verletzt.

Bisher habe es bei den märkischen Sozialisten noch keinen vergleichbaren Fall gegeben, sagt Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige. Es gab ansonsten nur einen parteilosen Stadtverordneten in Rathenow, »der bei der falschen Demonstration mitgelaufen ist« - beim fremdenfeindlichen Aufmarsch des Bürgerbündnisses Havelland. Dieser Kommunalpolitiker sei seinem Ausschluss aus der Linksfraktion zuvorgekommen, indem er die Fraktion selbst verließ. Pikanterweise habe ihn dann die CDU-Fraktion in ihre Reihen aufgenommen, merkt Johlige an.

Über die Parteimitgliedschaft von René Prüfer entscheidet zunächst die Landesschiedskommission.

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