NPD unterstützt Tarnorganisation
In Falkenberg wird gegen eine Asylunterkunft gehetzt - Neonazis offenbar verantwortlich
Es herrschte eine aufgeheizte Stimmung an jenem Dienstagabend Anfang Februar in Hohenschönhausen. Im Innenhof eines Wohnblocks im Hagenower Ring hatten sich mehrere Dutzend Anwohner versammelt. In anonymen Aushängen in Hausfluren und Handzetteln, die im Wohngebiet verteilt worden waren, hatte man sie zuvor zu der »Bürgerversammlung« eingeladen. Auslöser waren Zeitungsberichte Ende Januar, wonach auf einem Grundstück in der Straße einer der vom Senat vorgesehenen Modularbauten für Flüchtlinge geplant ist. Betrieben werden soll die künftige Unterkunft für 500 Menschen von der Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE.
Anwesende beschreiben die Atmosphäre bei der Zusammenkunft als feindselig und ablehnend gegenüber den Flüchtlingen. Vereinzelte Gegenpositionen werden niedergebrüllt. Erinnerungen werden wach an den Sommer 2013, als in Hellersdorf eine Informationsveranstaltung des Bezirksamtes zu einer geplanten Unterkunft eskalierte. Dutzende bekannte Rechtsextremisten und zahlreiche Sympathisanten folgten damals dem Aufruf einer »Bürgerinitiative« und versuchten teils erfolgreich, die Veranstaltung zu übernehmen.
Auch bei der Versammlung im Hagenower Ring übernahm gleich zu Beginn ein Mann das Sprechen, der sich als einer der Verantwortlichen der Initiative »Kein Asylanten-Containerdorf in Falkenberg« zu erkennen gab. Ähnlich wie in Hellersdorf treten die rechten Anheizer in Hohenschönhausen wohl unter dem Deckmantel eines vermeintlich harmlosen Zusammenschlusses von Anwohnern auf, doch anders als in Hellersdorf hatten sie an jenem Dienstag fast freie Bahn. Die Asylfeinde hatten sich eine eigene Versammlung als Plattform geschaffen.
Die Facebookseite »Kein Asylanten-Containerdorf in Falkenberg« existiert seit November 2014, damals wurden über die Seite »Bürgerdemonstrationen« gegen eine geplante Containerunterkunft im Hausvaterweg in Falkenberg organisiert. Nachdem Antifa-Gruppen rasch erklärten, dass Strukturen, Technik und Redner der Demonstrationen ausnahmslos von Rechtsextremen gestellt wurden, legte man die Zurückhaltung ab und bekannte mit Aussagen im Internet demonstrativ die Nähe zur NPD.
Von Anfang an wirkte nach Informationen des Antifaschisten Pressearchiv und Bildungszentrums (Apabiz) zudem das NPD-Mitglied Jens Irgang als Anmelder und Redner der fremdenfeindlichen Aufmärsche in Falkenberg. Antifaschisten vermuten, dass dieser auch Hauptverantwortlicher des Internetauftritts der Falkenberger »Bürgerinitiative« ist. Irgang kandidiert nach eigener Auskunft als Listenkandidat der NPD für die Wahlen zur Bezirksverordnetenversammlung Neukölln.
Ist die Anwohnerinitiative eine Tarnorganisation der Rechtsextremen? »Wir haben in der Vergangenheit die Bürgerinitiativen unterstützt und werden das auch weiterhin machen«, sagt der Landesvorsitzende der NPD, Sebastian Schmidke, dem »nd«. Er »wisse«, dass auch Irgang die Falkenberger Initiative »unterstützt«, ihm sei jedoch nicht bekannt, »dass NPD-Mitglieder als Organisatoren dort arbeiten«. »Das sind meist normale Bürger, die das machen«, behauptet Schmidke. Die Initiative selbst hat auf eine schriftliche Anfrage des »nd« nicht reagiert.
Ohne Gegenstimmen blieben die Rechtsextremen bei der Versammlung im Hagenower Ring indes nicht. Einige Engagierte aus dem Bezirk waren gekommen und suchten die Diskussion. Auch die HOWOGE hatte zwei Mitarbeiterinnen entsandt, um »den Mietern aus erster Hand die aktuell vorliegenden Informationen zum geplanten Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete zu übermitteln«, erklärt die Pressesprecherin der Wohnungsbaugesellschaft, Sabine Pentrop.
Die Rechtsextremen erklären unterdessen, sie wollen wiederkommen. Soweit will es die HOWOGE nicht kommen lassen. Man werde gemeinsam mit Verantwortlichen von Bezirk und Land eine reguläre Anwohnerversammlung durchführen, kündigt Pentrop an.
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