Merkel auf der Couch mit Clooneys

Bundesminister fordern mehr Mittel für Integration, Bundesminister verstärken Druck zu Abschiebungen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.
Konflikte auf allen Ebenen lassen der Kanzlerin kaum eine Pause zum Luftholen. Da ist der Besuch eines Filmstars wie George Clooney willkommen. Selbst wenn er kurz ist.

Angela Merkel nutzte am Freitag die seltene Gelegenheit, den Glanz der Berlinale zu sich ins Bundeskanzleramt zu holen. Sie empfing den US-Filmstar George Clooney und seine Frau, die Menschenrechtsanwältin Amal Clooney; beide engagieren sich in der einst von Albert Einstein initiierten Hilfsorganisation International Rescue Committee (IRC). Um Flüchtlinge ging es dem Vernehmen nach auch im Gespräch, und Merkel profitierte einmal mehr von der seit Monaten hartnäckig sich haltenden Legende, der wohl auch die erfreulich engagierten Clooneys aufgesessen sind - dass sie eine flüchtlingsfreundliche Politik betreibe. Er sei »absolut einverstanden damit«, bekundete Clooney seinen Respekt, wahrscheinlich auch für die angebliche Öffnung der Grenzen im letzten November, obwohl die bekanntlich nie geschlossen waren. Merkel ließ den philanthropischen Filmstar in seinem Glauben und vermied die Erläuterung, dass erst der Zusammenbruch des Dubliner Drittstaatensystems Deutschland einer so großen Zahl von Flüchtlingen ausgesetzt hat und dass es nun politischer Kärrnerarbeit bedarf, die Flüchtlinge wieder weitab der eigenen Grenzen aufzuhalten und die hier Gelandeten in möglichst großer Zahl wieder loszuwerden.

Ein erheblicher Teil wird allerdings zumindest vorerst in Deutschland bleiben, was Merkel unverändertes Kopfzerbrechen bereitet. Auch wegen der Angriffe ihres CSU-Koalitionspartners. Parteichef Horst Seehofer hatte Merkel vorgeworfen, dass in Deutschland das Unrecht regiere. Am Freitag beteuerte er, er stehe zur Kanzlerin, und ihm etwas anderes zu unterstellen, sei »bösartig«. Doch Merkel hat noch mehr um die Ohren. Soeben treten Ministerinnen der SPD mit zusätzlichen finanziellen Forderungen an die Öffentlichkeit, was Merkel sicher ein unerfreuliches Gespräch mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einbringen wird. Nachdem Sozialministerin Andrea Nahles bereits eine runde halbe Milliarde Euro für Integrationsmaßnahmen verlangt hatte, beeilte sich Barbara Hendricks nachzuziehen. Die Bauministerin führte nicht zu Unrecht an, dass die Flüchtlinge ordentlich untergebracht gehörten, und dass dies pro Jahr 1,3 Milliarden Euro zusätzlich für Wohnungsbau und Stadtentwicklung kosten dürfte.

Es ist eben nicht nur guter Rat teuer, auch wenn dieser immer willkommen ist. Es sei ein sehr gutes Gespräch gewesen mit den Clooneys, zeigte sich die Kanzlerin nach dem Treffen mit den Clooneys inspiriert. Ein Rat an die Bundesländer erging derweil von Unionsfraktionschef Volker Kauder. Diese sollten Ausländer ohne Bleiberecht »mit aller Konsequenz abschieben«. Widerspruch von Merkel verlautete nicht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière plant Medienberichten zufolge mit Hochdruck eine Sammelabschiebung von afghanischen Flüchtlingen noch im Februar und bat die Länder um Unterstützung dabei. Bei einem Besuch des Landes hatte er kürzlich eingeräumt, dass Afghanistan kein sicheres Land sei. Seiten 5 und 6

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