Österreich sorgt für neuen Gipfel-Streit
EU-Kommission erklärte Tagesobergrenze von 80 Asylanträgen für rechtswidrig
David Cameron versuchte, die Spannung hochzuhalten. Kurz vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel am Donnerstagnachmittag gab sich der britische Premier kämpferisch. »Wenn wir eine gute Vereinbarung bekommen, werde ich diesen Deal annehmen. Aber ich werde keinen Deal annehmen, der unseren Bedürfnissen nicht entspricht«, sagte der Konservative. Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk sparte nicht an Dramatisierung. Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Mitgliedsstaaten gehe es um »alles oder nichts«.
Die beiden sprachen jedoch nicht über die Flüchtlingspolitik, sondern bezogen sich auf die Beratungen über die von Großbritannien geforderten »Reformen« der EU im Gegenzug für einen Verbleib in der Staatengemeinschaft. Uneinigkeit gab es bis zuletzt vor allem in der Frage, ob die Auszahlung von Sozialleistungen an EU-Bürger eingeschränkt werden dürfe. Aus dem letzten Kompromissentwurf ging hervor, dass die Zuwanderungs-»Notbremse« nur für Großbritannien gelten soll. Die Einschränkung für Sozialleistungen für bis zu vier Jahre solle nur dann möglich sein, wenn diese steuerfinanziert sind und nicht über Sozialabgaben der Arbeitnehmer. Das ist in der EU nur bei Großbritannien der Fall.
Im Gegensatz zu Tusk und Cameron verbreiteten andere EU-Akteure mit Blick auf die »Brexit«-Diskussion Optimismus. »Die Sache ist noch nicht gelaufen, aber sie wird am Ende des Tages gelaufen sein«, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Martin Schulz, EU-Parlamentspräsident, bekräftigte das große Interesse Brüssels, das Vereinigte Königreich in der EU zu halten. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite glaubte ebenso nicht an eine Blockade: »Jeder wird sein Drama haben und dann werden wir uns einigen.«
Angespannter war die Stimmung beim zweiten Gipfel-Thema, der Flüchtlingsfrage. Auch ohne den abgesagten Mini-Gipfel standen Versuche der Begrenzung des Zustroms Schutzsuchender nach Europa im Fokus. Elf EU-Länder, die etwas missverständlich bezeichnete »Koalition der Willigen«, wollte mit dem Regierungschef der Türkei, Ahmet Davutoglu, verhandeln. Wegen des Anschlags in Ankara vom Mittwochabend wurde das Treffen jedoch abgesagt.
Ausgerechnet Österreich, das dabei als Gastgeber fungieren sollte, sorgte dennoch für neuen Ärger. Die Regierung von Bundeskanzler Werner Faymann will von diesem Freitag an nur noch maximal 80 Asylanträge pro Tag akzeptieren. Aus Sicht der EU-Kommission handelt die Alpenrepublik damit rechtswidrig. »Solch eine Politik wäre klar unvereinbar mit Österreichs Verpflichtungen unter europäischem und internationalem Recht«, schrieb EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos in einem Brief an Wien. Die Brüsseler Behörde kritisierte auch, dass die österreichischen Behörden fortan bis zu 3200 Flüchtlinge, die in andere Länder wie Deutschland wollen, passieren lassen wollen. Die Kommission fordert schon länger ein Ende der »Politik des Durchwinkens«. Faymann ließ die Kritik an sich abprallen: »Juristische Meinungen werden von Juristen beantwortet. Politisch sage ich: Wir bleiben dabei.«
»Auch über die Überraschungen der letzten Tage werden wir uns zu unterhalten haben«, deutete Juncker seinen Unmut an. An weitreichende Beschlüsse in der Flüchtlingsfrage glaubte er kurz vor Beginn des Gipfels nicht mehr. Es mangele an einem europäischen Ansatz. Mit Agenturen
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