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Am Limit der Belastbarkeit

Hamburgs Datenschutzbeauftragter präsentiert Tätigkeitsbericht - und warnt vor Überforderung seiner Behörde

  • Susann Witt-Stahl
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Herausforderungen für die Datenschutzbehörde in Hamburg werden größer, die Mittel für sie aber immer weniger. Das schmeckt ihrem Leiter überhaupt nicht.

Hamburgs Datenschützern geht die Puste aus. »Was wir leisten müssen, ist kaum noch zu bewältigen«, erklärte Johannes Caspar am Donnerstag im Rahmen seines aktuellen Tätigkeitsberichts für 2014 und 2015 und verwies auf das Mehr an Aufgaben − wie etwa die Überwachung der Antiterrordatei der Sicherheitsbehörden −, das ihm und seinen Kollegen über die Köpfe zu wachsen droht. Daher präsentiere er, wie er betonte, »nicht nur eine Leistungsschau des Datenschutzes, sondern auch die Defizite«.

Dabei konnte der Beauftragte für Datenschutz die gebannte Aufmerksamkeit der Medienvertreter genießen, die zahlreich erschienen waren. Kein Wunder, Caspar hat sich längst weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus einen hervorragenden Ruf als streitbarer Verteidiger des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und Privatsphäre erworben. Gleich nach seinem Amtsantritt 2009 hatte er dem Internetkonzern Google auf die Finger gehauen.

Dass die Herausforderungen für die Datenschützer wachsen und vieles im Argen ist, war die zentrale Botschaft aller Tagesordnungspunkte, die Caspar zusammen mit vier Referatsleitern aufrief. Einige ihrer Großbaustellen liegen direkt vor ihrer Nase: Im Netz der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) herrscht offenbar ein grob fahrlässiger Umgang mit sensiblen Daten wie Bankverbindungen und Privatadressen. Obwohl die Datenschützer durchgesetzt haben, dass alle FHH-Rechner mit einem Verschlüsselungsmodul ausgestattet werden, machen die Beamten von diesem Instrument kaum Gebrauch. So hat die Finanzbehörde mittlerweile fünf Fristen verstreichen lassen, bis zu denen sie die Transportverschlüsselung für E-Mails an Externe hätte umsetzen müssen - ein klarer Verstoß gegen das Hamburgische Datenschutzgesetz.

Ob »Intelligenter Bürgerservice«, einer Black Box, in der über Fernkommunikation Anträge bei Behörden gestellt werden können, oder »smartPORT logistic«-System für die Koordination der Verkehrs- und Warenströme - »Hamburg spielt digital in der Ersten Liga, und da sollte sein Team auf allen Positionen schlagkräftig sein«, forderte Caspar ein verfassungskonformes Maß an Sicherheit für das Mehr an erhobenen personenbezogenen Daten.

Nahezu erschreckend sind die Sicherheitslücken bei der transatlantischen Datenübermittlung durch in Deutschland ansässige Unternehmen. Einige agieren weiterhin nach dem Safe-Harbor-Abkommen von 2000, obwohl der Europäische Gerichtshof es im Oktober 2015 wegen der kriminellen Machenschaften der NSA für ungültig erklärt hatte. Mindestens drei Firmen droht jetzt ein Bußgeldverfahren.

Trotz dieser alarmierenden Zustände muss Caspar mit 16,4 Planstellen auskommen. »Das ist weniger als Anfang der 2000er-Jahre zur Verfügung stand.« Derzeit würden elf Vollzeitstellen mehr benötigt - den enormen Mehraufwand für die Umsetzung der 2018 europaweit in Kraft tretenden Datenschutzgrundverordnung noch nicht eingerechnet. Caspar fordert die Schaffung von mindestens 8,5 neuen Stellen - wenigstens ein Anfang, um einer Schieflage entgegenzuwirken, die ihm Kopfschmerzen bereitet: Einerseits wird der staatliche Überwachungsapparat stetig erweitert, andererseits am Datenschutz gespart.

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