Nirgends das Echte vom Bildschirm
Neue Formate, alte Ideologie: Im gegenwärtigen Fernsehen ist der Wunsch nach Authentizität schon lange ins Gegenteil umgeschlagen. Von Björn Hayer
Es menschelt gewaltig. Dem Fernsehpublikum des 21. Jahrhunderts steht der Sinn nach sozialer Nähe, Alltagsmomenten und vor allem nach Authentizität. Man schaut in die heimischen Apparate oder Mediatheken, um das wahre Leben zu erfahren. Polemisch schrieb die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek in ihrem Roman »Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr!« einmal den paradoxen Satz: »Nirgends das Echte vom Bildschirm.« Selbst die Alpenbewohner dieses Textes ziehen die Fernsehkitschbilder von der Bergidylle der wahren Natur vor. Was die Schriftstellerin 1985 ironisierte, ist heute mehr denn je Wirklichkeit geworden.
Dass die individualisierte Gesellschaft der Spätmoderne die Realität nicht einfach vor der Haustür sucht, hängt insbesondere mit den Programmplanungen der Sender zusammen. Die Quoten bezeugen: »Reality-TV« lautet die Leitparole unserer Zeit. Mit Formaten wie »Das Supertalent« (RTL) oder »Wild Island - Das pure Überleben« (Pro Sieben) s...
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