LINKE debattiert über Regierungsbeteiligung
Veranstaltung der Westbezirksverbände mit Vorbehalten / Zur Listenaufstellung deuten sich ernsthafte Konflikte an
Sollte die Linkspartei im Herbst nach fünf Jahren Opposition wieder mitregieren, wenn das nach dem Wahlergebnis rechnerisch möglich ist? Unter dem Titel »Rot-Rot-(Grün) in Berlin? Erfahrungen und Perspektiven« kamen am Donnerstagabend über 60 Parteimitglieder der LINKEN und Interessierte in der ver.di-Bundeszentrale in Mitte zusammen, um auf Einladung der Westbezirksverbände aus Charlottenburg-Wilmersdorf, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg sowie Neukölln darüber zu diskutieren.
Wie groß die Vorbehalte gegen eine Regierungsbeteiligung nach den Erfahrungen aus der rot-roten Zeit von 2002 bis 2011 sind, zeigten die Aussagen von Lucia Schnell, der Sprecherin der LINKEN in Neukölln: »Meines Erachtens ist eine Koalition ein Gefängnis«, sagte sie. Eine Regierung sei nicht der Ort, wo Kräfte verschoben werden. Außerdem habe die LINKE in den Oppositionsjahren den Glaubwürdigkeitsverlust bei sozialen Bewegungen und Gewerkschaften wieder wettgemacht, sagte Schnell, die im in Neukölln stark vertretenen trotzkistischen Netzwerk »Marx21« aktiv ist.
Auf dem Podium der Veranstaltung saß neben Schnell auch Harald Wolf. »Ich bin alles andere als regierungsgeil«, betonte der Ex-Wirtschaftssenator. Die LINKE könne sich aber nicht der Auseinandersetzung entziehen, wenn es um Regierungsmöglichkeiten geht - zumal ein Großteil der Wähler will, dass die Linkspartei mitregiert, wenn es dafür die Chance gibt. Aus Sicht Wolfs wäre es ideal, wenn die LINKE die Frage einer Regierungsbeteiligung auf Grundlage der Inhalte entscheidet, für die die Partei im Wahlkampf streiten muss. Wenn sich dann abzeichne, dass die wichtigsten Inhalte nicht umgesetzt werden können, dann könne die Partei immer noch in die Opposition gehen, wo es weniger Widersprüche gibt.
Auch für den Bezirksvorsitzenden der LINKEN in Friedrichshain-Kreuzberg, Pascal Meiser, ist die entscheidende Frage nicht, worauf man Lust hat, sondern ob für die Menschen »substanzielle« Verbesserungen herauskommen. Vor einem Koalitionsbeschluss könnte die LINKE in einem Mitgliederentscheid über die Ergebnisse von Koalitionsverhandlungen abstimmen.
Die Konfliktlinie zwischen West und Ost, die sich bei der Regierungsdebatte zeigt, droht bei der Frage der Aufstellung der Landesliste zu ernsten Konflikten zu führen. »Als Spitzenkandidat ist es Klaus Lederers Aufgabe eine integrative Liste zusammenzustellen, um den Landesverband hinter sich zu bringen«, sagt ein West-Funktionär. Sollten die von Westbezirken vorgeschlagenen Kandidaten auf hinteren Plätzen landen, droht Ärger. Landeschef Lederer könnte bei der Wahl zum Spitzenkandidaten abgestraft werden.
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