Geht doch!
Freitags Wochentipp: »Tod in Berlin«
Es kommt nicht oft vor, dass man sich jenes Festival der Seichtigkeiten herbeisehnt, mit dem das ZDF am Mittwoch gern die relevante Konkurrenz der ARD konterkariert. Vorige Woche aber wäre der Mix aus »Aktenzeichen XY« und Marie Brand von Weltniveau gewesen - verglichen mit dem, was das Zweite zur besten Sendezeit lieferte: Ein Fußballspiel von PSV Eindhoven und Atlético Madrid, zwei Außenseitern der aktuellen Champions League, die nur zur Ehre einer Live-Übertragung im gebührenfinanzierten TV kamen, weil es dafür zwar Millionen bezahlt, aber nur Mittwochsspiele zeigen darf. Da die Bayern bereits tags zuvor im Einsatz waren, hatte man in Mainz also zwei Optionen: Die Zeit klug nutzen, etwa für eine Doku über die korrupte Klassengesellschaft FIFA. Oder irgendwas zeigen, Hauptsache Fußball.
Zur Belohnung gab’s magere 3,57 Millionen, die sich ein 0:0 antaten. Dann doch lieber Radio hören. Domian zum Beispiel, der bei 1Live unverdrossen die Probleme seiner somnambulen Zuhörer fortschwafelt und dabei nun reingelegt wurde, als eine Anruferin am Montag scheinbar on Air verdroschen wurde. War zwar inszeniert, aber Anlass aufgeregter Berichte. Manchmal ist das Fernsehen doch wahrhaftiger als die Wahrheit da draußen.
Meist jedoch ist es - zumal hierzulande - so artifiziell, dass einheimische Schauspieler ständig in alle Welt geschickt werden, um dort als ortsansässige Kommissare in fließendem Deutsch unter Ausländern (die dann ja Inländer sind) mit inländischem (also irgendwie, äh, deutschem) Akzent Mordfälle zu lösen. Solche Figuren sind in Bozen, Jerusalem, Athen, Venedig oder Istanbul tätig, bald kommen Island, Kroatien, Zürich hinzu, zwischendurch geht es ab Donnerstag im Ersten nach Tel Aviv, wohin die Berliner Jüdin Sara Stein unter der Regie von Matthias Tiefenbach emigriert.
Allerdings erst, nachdem sie im ersten Teil einen »Tod in Berlin« aufklärt, den eine israelische DJane namens Tamar vor einer Hipster-Disco erleidet, wofür reflexhaft ihr palästinensischer Freund verdächtigt wird, was den Nahostkonflikt in jene Stadt importiert, die zum Anziehungspunkt junger Israelis wie der schönen Tamer geworden ist. Noch ein klischeebeladener Städte-Krimi mit Urlaubskatalogpotenzial also? Nix da! Trotz des aufdringlichen (und zu Beginn sachlich falschen) Titels, ist »Der Tel-Aviv-Krimi« eine wohltuende Ausnahme im Krimieinerlei.
Verhandelt wird nämlich zunächst weniger der Todesfall als die Identitätssuche diverser Protagonisten, allen voran der ermittelnden Polizistin Sara, hinreißend ungeschminkt gespielt von Katharina Lorenz, die nicht nur eine der schönsten, sondern auch der talentiertesten Schauspielerinnen im Land ist. Den Rest erledigt Holly Fink, dessen Kamera beide Städte (es gibt dann doch noch einen Abstecher nach Tel Aviv) mit zurückhaltender Intensität ausleuchtet. Israelis sprechen übrigens Hebräisch, Palästinenser Arabisch und Sara lernt vorm Umzug ins Heilige Land erst einmal die Landessprache. Geht doch!
ARD, 3.3., 20.15 Uhr
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