- Montagmorgen
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Die Witzbolde vom Lieferdienst
Die Spüle, geht es mir durch den Kopf. In die habe ich eine Menge reingestellt. Gleich kommen die Monteure, um die neue Waschmaschine zu bringen. Was werden sie davon halten? Ich denke nicht lange nach, sondern mache mich ans Werk. Eine halbe Stunde später bin ich fertig. Wenn ich die Tür zum Wohnzimmer und Arbeitszimmer zumache, müssen die Monteure denken, ich hätte eine gepflegte Wohnung. Hoffentlich muss keiner von denen auf die Toilette.
Es klingelt. Ich öffne die Tür. Vor mir sehe ich meine neue Waschmaschine und zwei Monteure, die mich mit einem »So, jetzt gehen wir wieder« begrüßen. Einen Moment lang bin ich baff. »Das war nur ein Witz«, sagt der eine und als wäre das ein Signal gewesen, bücken sich beide und heben die Maschine an. Um Gottes Willen, denke ich, lustige Monteure, das kann ja heiter werden.
Nachdem sie die Maschine abgestellt haben, begrüßen sie mich mit einem Händedruck. Das habe ich auch noch nicht erlebt. Ich beobachte sie aufmerksam und bin erstaunt über die Routine, die sie an den Tag legen. Der eine fischt einen Stift aus der Seitentasche des Kollegen, der gerade den Wasseranschluss über der Spüle anschraubt. Kurz darauf setzt er sich hin und holt die Lieferpapiere heraus. Dann sagt er plötzlich: »Schwester, können sie mir einen Blasen ...« und sein Kollege, der mit dem Kopf in der Spüle hängt, ergänzt »... und Nierentee holen.« Im ersten Moment kann ich mit diesem Gag nichts anfangen, aber dann fällt mein Blick auf den Schrank mit den Teepackungen und ganz vorne ein »Blasen- und Nierentee«. Aha, denke ich, das ist ja ein eingespieltes Team. Offenbar haben die schon in vielen Küchen diesen Tee gesehen und daraus eine Nummer gebaut, die sie perfekt spielen können.
»Haben sie extra für uns gespült?«, fragt der eine und ich fühle mich ertappt. »Nein«, antworte ich augenblicklich. »Ich wasche häufig ab. Immer, wenn was anfällt, also täglich.« »Der sechste ...«, kommentiert der eine Monteur und der andere ergänzt: »... in dieser Woche«.
Als sie die alte Maschine im Flur abgestellt haben, zeigt der eine auf seine Schuhe: »Arbeitsschutzschuhe. Ich dachte immer, die schützen vor Arbeit, aber irgendwie klappt das bislang nicht.« Sein Kollege nimmt den Spruch auf und antwortet: »Heute wirken die bei dir.« Beide lachen sich schlapp.
Der eine drückt mir die Anleitung in die Hand. »Studieren sie die genau. In einer Stunde kommen wir wieder und fragen sie ab.« Im Rausgehen sagt er dann noch: »Dann bis demnächst.« - »Das glaube ich nicht«, antworte ich. »Die Waschmaschine soll ein paar Jahre halten.«
»Mag sein, aber da stehen noch ein Herd und ein Kühlschrank«, entgegnet er, »und der Herd sieht so aus, als macht er es nicht mehr lange«. Ich sage nichts dazu und als ich hinter ihnen die Tür schließe, ertappe ich mich dabei, dass ich lächele.
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