Angstblüte des Sozialismus
Michail Gorbatschow wird heute 85
So etwas gibt es. Dass die Ruhe unfreiwillig in Kontakt gerät mit der Reibung. Und sich das Motorische, Mechanische schmerzverzerrt ans Herz greift. Infarkt ist Hoffnung. Mit Michail Gorbatschow wurde die Sowjetunion stark, weil sie ihre Schwäche ins Dialogische übersetzte. Ins Gespräch - mit zwei Großfeinden: dem Westen und sich selber. In der Biologie nennt man das Angstblüte. Noch ein letztes Mal leuchten - bevor eintritt, was man noch gar nicht weiß: das Absterben.
Der letzte KPdSU-Generalsekretär, nordkaukasischer Bauernsohn, dessen Abituraufsatz »Stalin, unser Ruhm!« lautete - er hat ab 1985, mit »Neuem Denken« und »Perestroika«, nicht den Sozialismus abgeschafft, wohl aber die Lüge, das sei einer. Sein Weg war früh gefährdet: Eine offene Situation endet oft mit einer individualistischen Aneignung des Gemeinwesens. Das lehrte schon die Französische Revolution: Wo sich etwas lockert, schlägt der Privatbesitz sofort zu.
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