LINKE orientiert auf 22,4 Prozent
Parteitag im Templiner Ahorn-Seehotel wählt den Landesvorstand
Der Landesparteitag der LINKE im Templiner Ahorn-Seehotel beginnt nun erst um 11 Uhr. Ursprünglich hatte es schon um 10 Uhr losgehen sollen. Doch die Delegierten sollen die Möglichkeit haben, sich den Protesten gegen eine Neonazi-Veranstaltung in der Stadt anzuschließen.
Der Zeitplan des Parteitags schiebt sich dadurch zusammen. Vorgesehen ist, am 5. März bis in den Abend hinein zu tagen und erst am 6. März gegen 16 Uhr zum Ende zu kommen. Gewählt werden der Landesvorstand und andere Gremien. Außerdem werden Satzungsfragen beraten, und der Landesverband stimmt sich auf die Bundestagswahl 2017 ein.
Bei den vorgeschlagenen Satzungsänderungen geht es etwa um einen Delegiertenschlüssel, also um die Verteilung der Parteitagssitze auf die Kreisverbände und Landesarbeitsgemeinschaften. Die Betroffenen legen dabei naturgemäß Eifer an den Tag. Außenstehende interessiert dies selbstverständlich überhaupt nicht. Relevant ist immerhin ein Vorstoß der Linksjugend solid, die gemeinsam mit anderen beantragt, statt eines Landesvorsitzenden künftig eine Doppelspitze zu wählen, wie es in vielen anderen Landesverbänden schon üblich ist.
Aktuell gibt es allerdings nur eine Bewerbung. Finanzminister Christian (Görke) möchte zwei weitere Jahre Landesvorsitzender bleiben. In der Begründung seiner Kandidatur erinnert Görke an die schmerzliche Enttäuschung bei der Landtagswahl 2014. Er meint aber, dass der Landesvorstand in den zurückliegenden zwei Jahren wieder mehr miteinander diskutiert und Veränderungen auf den Weg gebracht habe. »Es bleibt viel zu tun.« Er bitte um Vertrauen, schließt Görke seine schriftliche Begründung ab.
Im Geschäftsführenden Landesvorstand zeichnen sich keine personellen Veränderungen ab, wenn man bedenkt, dass die Bundestagsabgeordnete Kirsten Tackmann früher schon stellvertretende Landesvorsitzende gewesen ist und sich nun nach einer Pause wieder für ein solches Amt zur Verfügung stellt. Die drei anderen Stellvertreter, die Landesgeschäftsführerin und der Schatzmeister möchten weitermachen und haben bislang keine Gegenkandidaten. Unter den Bewerbungen für die übrigen Vorstandsposten finden sich zwar einige neue Gesichter. Kampfabstimmungen zeichnen sich jedoch auch hier nicht ab. Im Gegenteil. Wenige Tage vor dem Parteitag lagen gerade einmal ausreichend Bewerbungen von Männern vor und bei den Frauen mangelte es sogar noch an zwei Bewerbungen.
Der Leitantrag des Parteitags steht schon im Zeichen der Bundestagswahl 2017. Er stellt fest, dass die Welt im Wandel sei und die bundespolitische Stimmung sich im Vergleich zu den Wahlkämpfen 2005, 2009 und 2013 grundlegend verändert habe. Die Reaktion auf die neoliberale Agenda 2010 von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) - Stichwort: Hartz IV - stehe nicht mehr im Vordergrund der Auseinandersetzung, sondern es gehe heute um die sozialen und ökologischen Folgen der Globalisierung und der Europapolitik. Der Leitantrag definiert die LINKE noch einmal ausdrücklich als Friedenspartei und bekennt sich zur Solidarität mit sozial Benachteiligten und zur Willkommenskultur. Außerdem heißt es, die Partei habe eine Lehre aus dem Scheitern der Weimarer Republik und des Realsozialismus gezogen. Sie habe mit autoritären Systemen gebrochen und verteidige die parlamentarische Demokratie gegen Rechtsaußen.
Die Konkurrenz von AfD bis Grüne wird charakterisiert. So heißt es: »Die SPD ist orientierungslos. Sie hat mit der Agenda-Politik ihre sozialpolitische Identität beschädigt und ist von weiterer Erosion bedroht. Die Bedrohung kanalisiert sich in einer Führungskrise.« Über die Grünen wird gesagt, dass sie »schwanken in ihrer Selbstbestimmung zwischen dem gefühlten Erbe als linke Partei und der strategischen Neuausrichtung als ökologisch-bürgerliche FDP«. Sich selbst attestiert die LINKE, ihrem sozialökologischen und emanzipatorischen Selbstverständnis treu geblieben zu sein. Nun stehe die LINKE vor der Aufgabe, auf Fragen zeitgemäße Antworten zu geben. Dies in einer Phase, in der viele Wähler unentschlossen seien, ob oder wen sie wählen. »Wir wollen ihre Lebenswirklichkeit und Interessen erfassen und die eigene Politik dahingehend überprüfen.«
Orientierung für die Bundestagswahl 2017 sollen die 22,4 Prozent aus dem Jahr 2013 sein. Damals bedeutete dieser Stimmenanteil Verluste, heute ist er ein anspruchsvolles Ziel. Denn bundesweit ist die LINKE bei neun Prozent festgefroren und im Landesmaßstab dümpelt sie bei 19 Prozent.
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