Gewerkschaft: Sachsens Polizisten fehlt politische Bildung

GdP-Chef Husgen reagiert auf Kritik des SPD-Landesvorsitzenden Dulig / Leipzigs Polizeichef Merbitz erwartet zunehmende Gewalt gegen Flüchtlinge im Freistaat / Politologe Feustel: Rechtsradikale nicht als »besorgte Bürger« verharmlosen

  • Lesedauer: 2 Min.

Dresden. Die sächsische Gewerkschaft der Polizei hat nach der scharfen Kritik des stellvertretenden Ministerpräsidenten Martin Duligs (SPD) Nachholbedarf in der Fortbildung der Beamten eingeräumt. Vor allem die politische Bildung sei in den vergangenen zehn Jahren »ziemlich runtergefahren worden«, erklärte der Landesvorsitzende Hagen Husgen am Donnerstag dem Radiosender MDR Info in Halle. Das sei ein Fehler gewesen. Zugleich wehrte sich Husgen allerdings gegen Vorwürfe Duligs, die sächsische Polizei habe zu große Sympathien für Rechtspopulisten wie die Bewegung »Pegida« und die Partei AfD.

Sachsens SPD-Chef hatte in einem Interview mit der Wochenzeitung »Die Zeit« schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben: »Wir haben nicht nur ein quantitatives Problem bei der Polizei, sondern auch ein qualitatives«, sagte er der Zeitung. Er frage sich, »ob die Sympathien für Pegida und die AfD innerhalb der sächsischen Polizei größer sind als im Bevölkerungsdurchschnitt«. Zu den Äußerungen von Wirtschaftsminister Dulig erklärte Husgen: »Diese kann ich absolut nicht teilen.« Die Polizeibeamten in Sachsen fühlten sich »sehr, sehr getroffen«.

Dass der Freistaat ein wachsendes Problem mit Rassismus und Hass gegen Flüchtlinge hat, erklärte indes der Chef des Operativen Abwehrzentrums, Bernd Merbitz. Er erwartet eine Zunahme der Gewalt gegen Flüchtlinge und ihre Unterkünfte in Sachsen. In der Bevölkerung seien fremdenfeindliche Einstellungen gewachsen, sagte Merbitz am Donnerstag bei einer Anhörung des Innenausschusses des Landtags zu rechter Hetze und Gewalt. Erneut sprach er von einer Pogromstimmung. Es sei deshalb davon auszugehen, »dass der Gewaltgehalt der Übergriffe sowohl auf Unterkünfte als auch auf Asylsuchende direkt zunehmen kann und auch zunehmen wird«.

Rechte und rassistische Übergriffe wie in Dresden, Heidenau oder zuletzt in Clausnitz seien »nur wenige Schritte entfernt von Rostock, Hoyerswerda, Mölln und Solingen in den 90er Jahren«, sagte Merbitz. Damals hatte es bei Brandanschlägen auch Tote gegeben.

Der Leipziger Politikwissenschaftler Robert Feustel machte eine »neue völkische Bewegung« für die Zunahme der Gewalt verantwortlich, die pauschal Menschengruppen verurteile und zum Sündenbock stempele. »Alle Flüchtlinge gelten pauschal als schuldig, einfach weil sie hier sind.« Man dürfe deshalb die sogenannten »besorgten Bürger« nicht ohne weiteres von Rechtsradikalen abgrenzen. »Das eine durch den Verweis auf das andere zu verharmlosen, heißt, gleichzeitig antidemokratische und fremdenfeindliche Einstellungen zu hofieren.« Agenturen/nd

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