Geheimes Überwachungszentrum jetzt etwas weniger geheim

Netzpolitik.org leakt Staatsvertrag für ostdeutsches Polizeizentrum / Planungen wurden lange Zeit vor Öffentlichkeit und Parlamentariern geheimgehalten

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn irgendwo Sicherheitsbehörden ihre Kompetenzen zusammenlegen, um Bürger noch effizienter überwachen zu können, werden Datenschützer und Bürgerrechtler zurecht misstrauisch. Erst recht, wenn dies auch noch im Geheimen geschieht. Das Vorhaben von fünf Bundesländern, ein Zentrum zur polizeilichen Telekommunikationsüberwachung aufzubauen, ist so ein Fall. Das Portal netzpolitik.org hat Details der Planungen nun öffentlich gemacht.

Die Datenschutzaktivisten haben am Freitag den Entwurf zum Staatsvertrag für das »Gemeinsame Kompetenz- und Dienstleistungszentrum auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung« (GKDZ) auf ihrer Website veröffentlicht. So heißt das Zentrum offiziell, in dem die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Überwachungskompetenzen ihrer Polizeibehörden zusammenlegen wollen.

Offiziell klingen die Pläne der beteiligten Landesregierung recht harmlos: Nicht zusätzliche Überwachungsmaßnahmen, sondern lediglich »eine Bündelung der Ressourcen« seit das Ziel, versprach Anfang Februar ein Sprecher des Berliner Innensenators Frank Henkel gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

Unklar, wie viel Überwachung im Überwachungszentrum steckt

Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt hingegen netzpolitik.org. Ihrer Auswertung zufolge ergibt der geleakte Staatsvertrag gleich mehrere datenschutz- und bürgerrechtliche Probleme. So definiere der Entwurf nur vage, welche Aufgaben das GKDZ eigentlich hat. Genannt werden unter anderem »Telekommunikationsüberwachung« und Entschlüsselung verschlüsselter Kommunikation. Unklar sei hingegen, ob zum Beispiel auch die Funkzellenabfrage dazu gehört, womit sich gegebenenfalls länderübergreifend Bewegungsprofile von Handy-Nutzern erstellen ließen. Das Dokument mache außerdem keine Angaben dazu, ob und wann die einmal gesammelten Daten wieder gelöscht werden sollen und welche Rechte betroffene Bürger haben. Auch darauf, wie verhindert werden soll, das Dritte Zugriff auf die Daten bekommen, werde nicht eingegangen.

Aus ähnlichen Gründen hatte bereits im November vergangenen Jahres der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix die Pläne kritisiert. In einem Stellungnahme schrieb er: »Die Zusammenarbeit der Bundesländer auf dem Gebiet der polizeilichen Telekommunikationsüberwachung ist kritisch zu betrachten, weil durch eine zentrale Stelle eine große Menge an sensitiven, dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Daten verarbeitet wird.«

Sogar die Gutachten sind geheim

Dix gehörte zu den Wenigen, die den Entwurf vor dem Leak einsehen konnten. Nicht nur die vermeintlich harmlosen Planungen wurden lange Zeit vor Öffentlichkeit und Parlamentariern geheimgehalten. Die federführende sächsische Landesregierung erklärte sogar externe Gutachten zur Geheimsache. Auch ein Antrag auf Einsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz durch netzpolitik.org war im Januar von Berliner Behörden abgelehnt worden.

Dass das Thema überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt ist, ist den sächsischen Grünen zu verdanken. Ihnen war Anfang 2015 im Haushaltsentwurf ein Budget von 4,2 Millionen für ein »ominöses Kompetenzzentrum« aufgefallen. Zuletzt äußerte sich der Thüringer Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) zum GKDZ. Gegenüber der »Sächsischen Zeitung« erklärte er Anfang Februar 2016, auch er sei absolut ahnungslos.

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